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Waffen sorgen für Krach ums Watt

Sprengungen stören tausende Vögel in der Meldorfer Bucht. Naturschützer und Schleswig-Holsteins Umweltminister sind empört

von MALTE KREUTZFELDT

Schleswig-Holsteins Umweltminister Klaus Müller (Grüne) hat die Erprobung von Waffen nahe dem Nationalpark Wattenmeer kritisiert. Genau zur Brutzeit der Vögel waren vergangene Woche Sprengungen und Unterwassertests in der Meldorfer Bucht durchgeführt worden. Entsprechende Berichte der Naturschutzorganisation Schutzstation Wattenmeer hatte der Leiter der Waffenerprobungsstelle Elpersbüttel, Otto Günther, bestätigt.

„Es kann nicht sein, dass die Bundeswehr den Schutz der Natur mit Füßen tritt“, sagte Müller. Schon vor zehn Jahren hatte der schleswig-holsteinische Landtag eine Einstellung der Tests gefordert, zuletzt im November 1998. Damals war das Kieler Umweltministerium mit dieser Forderung an den neuen Verteidigungsminister Rudolf Scharping herangetreten. Man sei „verwundert“, noch immer keine Antwort erhalten zu haben, berichtete Müllers Sprecher der taz.

Auch Lothar Koch, Biologe bei der Schutzstation, lehnt die militärischen Aktionen entschieden ab. Die Sprengungen seien bis zur zwölf Kilometer entfernten Vogelschutzinsel Trischen zu hören gewesen und hätten tausende von brütenden und rastenden Vögeln gestört, berichtete Koch. Auch die Deiche und das Watt außerhalb der Erprobungsstelle im Meldorfer Speicherkoog waren aus Sicherheitsgründen gesperrt, sodass die Naturschützer die Erfassung des Brutbestands unterbrechen mussten.

Die Kritiker sehen die Glaubwürdigkeit der Regierung gefährdet, denn in der Vergangenheit hatten sich SPD und Grüne stets für ein Ende der Waffentests ausgesprochen. Der im Mai 1995 im Bundestag gestellte Antrag, „alle Arten der Waffenerprobung im Bereich des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer umgehend einzustellen“, trägt auch die Unterschrift von Rudolf Scharping. Heute formuliert die SPD-Fraktion vorsichtiger. Nur in das Wattenmeer selbst soll nicht mehr geschossen werden, sagt die SPD-Umweltsprecherin Ulrike Mehl. Im direkt angrenzenden Gebiet hinter den Deichen könnten die Tests weitergehen, sofern auf ökologisch sensible Zeiten geachtet werde. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Angelika Beer, erklärte, die Situation sei zwar unbefriedigend, habe sich aber bereits gebessert. „Durch ein Moratorium wird seit Anfang 1999 nicht mehr ins Watt selbst geschossen“, sagte Beer gegenüber der taz.

Von einem solchen Moratorium weiß man jedoch weder in der Erprobungsstelle in Elpersbüttel, die die Tests durchführt, noch in der verantwortlichen „Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen“ in Eckernförde. Deren Sprecher Klaus Klaßen bestätigte zwar, dass im letzten Jahr nicht ins Watt gefeuert wurde. Dies habe jedoch rein technische Gründe gehabt, und für November seien wieder Versuche geplant, bei denen Firmen neue Treibsätze erproben, sagte Klaßen der taz. Die Tests hält er für unverzichtbar. Auf den Vorwurf, Waffentests hätten im Nationalpark nichts zu suchen, hat Klaßen eine einfache Antwort: „Ein Nationalpark gehört nicht in ein Erprobungsgebiet.“

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