: Ideenspeicher im letzten Packhaus
■ Expo-Projekt St. Jacobus Packhaus ist fertig und alle jubeln über den 140 Jahre alten Zweckbau / Bis November sollen von hier aus die Bremer Weltausstellungs-Ideen unter die Leute gebracht werden
Irgendwie begann das St-Jacobus Packhaus Expo-Projekt mit einem kleinen Missverständnis, erzählt Denkmalpfleger Hans Christoph Hoffmann: Ex-Gewoba-Geschäftsführer Eberhard Kulenkampff ging durchs Schnoor. Entdeckte das Sankt-Jacobus-Packhaus unweit des Theaters, „sieht einen Haufen Holz und denkt es wär aus dem Mittelalter.“ Die Dielen und Balken des alten Lagerhauses aber sind knapp 140 Jahre alt. Die frechen Wand-Graffitis noch ein paar Jahrzente jünger. Trotzdem ist St.-Jacobus jetzt Expo-Projekt. Sogar eins der wenigen, das in Bremen rechtzeitig fertig ist.
Gestern wurden die Dielen und Bretter des alten Lagerhauses Expo-salonfähig gemacht. Alle mit Rang und Namen kamen und freuten sich über „den Juwel, der hier steht“, frohlockt Ex-Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU). Über das „riesige Haus“ im kleinen Schnoor, das jetzt seine Pforten öffnet – davon hatte Bürgermeister Henning Scherf (SPD) „schon als Kind geträumt“. Jetzt soll das Packhaus vorläufig als Info-Center dienen, um Bremens Expo-Exponante stolz der Öffentlichkeit zu präsentieren. Damit man weiß, wo man im Expo-Jahr alles hingehen kann.
Dabei gab es Packhaus-Juwele in Bremen mal zu hunderten, erklärt Denkmalpfleger Hoffmann. Früher zumindest. Dann kam der Krieg und die Bomben. Die paar Lagerhäuser, die noch stehen blieben, waren bald schon nicht mehr praktikabel: zu kleine Decken, zu schmalen Stiegen, Winden statt Lastenaufzüge, fehlende Autozufahrten. Die letzten Zweckbauten haben die Bagger geholt.
Übrig blieb das Packhaus im Schnoor und drei in Vegesack. Doch für die Expo-Massen waren gehörige Umbaumaßnahmen nötig: Rund fünf Millionen Mark wurden in das Packhaus gesteckt. Davon sponserte das Tourismus-Programm des Wirtschaftssenators knapp drei Millionen Mark. Der Stiftung St. Jacobus-Packhaus war das Riesenhaus eine Million Mark wert. Und der Stiftung Wohnliche Stadt noch einmal knapp zwei Millionen Mark.
„Ich denke, ohne die Expo wäre das nicht zustande gekommen“, erklärt Bürgermeister Scherf. Kein Packhaus ohne Weltausstellung – das war die „Gelegenheit, das anzupacken“. Sogar der Leiter für die weltweiten Expo-Projekte, Christian Albers erklärte, dass „der Zeitdruck, der damit entstand“ doch eigentlich ganz heilsam war.
Doch was nach dem Weltausstellungs-Rummel mit dem Packhaus passiert, ist erst mal noch ziemlich schwammig. So etwas wie ein „Schaufenster für Kultur und Touristen“ könnte es werden, erklärt Nölle, wenn das Expo-Info-Center dichtmacht. Kein Museum jedenfalls, betont Bürgermeister Scherf, denn dafür habe die Stadt kein Geld. „Viele weitere Entscheidungen stehen noch an“, meint Scherf.
Erst mal wollen die Schnoor-Leute die Riesenfläche im November und Dezember für Einzelveranstaltungen in der Vorweihnachtszeit nutzen. Dann will man das alte Packhaus als „Ideenspeicher“ einrichten: Shops für Souvenirs ziehen in das Graffiti-verzierte Erdgeschoss. Im Keller will man an die „Herberge der St. Jacobus-Bruderschaft“ erinnern. Tische und Bänke werden gezeigt, „ja selbst ein Strohlager“, wie der Prospekt lobpreist. Passende Packhaus-Ausstellungen sind in den beiden oberen Etagen geplant: Alles rund um das Thema „Wiegen“. Oder um die alten Packhaus-Waren: Kaffee, Tee, Tabak, Gewürze werden da vorgestellt. Im zweiten Stock schließlich soll es ganz „visionär“ zugehen: Lebensläufe berühmter Bremer Kaufleute (Friedrich Wilhelm Bessel) oder Einwohner (Friedrich Engels), soziale Gesellschaften (die GEWOBA) sollen gezeigt werden. Welcome Ihr Massen. pipe
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