: Jungs in Shorts
Ein erfolgloser Geschäftsmann auf den Fidschiinseln nahm mal eben den Premier als Geisel. Ein aussichtsloses Unternehmen
Letztes Jahr war die Welt noch in Ordnung für George Speight. Sein Vater war ein angesehener Parlamentarier für die Fijian Political Party (SVS), und sein bester Freund Michael Ah Koy amtierte als Finanzminister. Speight saß im Aufsichtsrat der Heath Fidschi, einer Tochter der britischen C. E. Heath plc, und verkaufte seinem Freund Versicherungen für die heimische Fluggesellschaft Air Fiji, die den Ah Koys mit Aktienmehrheit gehörte. Und die USA waren bereit, einen Großteil des Mahagonibestandes der Insel im Gegenwert von 120 Millionen Dollar aufzukaufen. Es traf sich gut, dass Speight gleich zwei entscheidende Managementposten in der Holzindustrie innehatte.
George Speight sieht sich als Taukei, einen eingeborenen Fidschianer, auch wenn seine väterlichen Vorfahren Weiße waren. Eng war auch seine berufliche Karriere mit der Politik der Eingeborenen verbunden. Bei den letzten Wahlen rechnete er sich große Chancen aus, für die SVS in das Parlament einzuziehen.
Doch nahm seine Karriere ein jähes Ende, als die SVS ihre Regierungsmehrheit im letzten Jahr verlor. Speight geriet unter Druck. In allen Managerstellen wurde ihm gekündigt; machtvolle Freunde hatte er in der Regierung nicht mehr. Zuletzt musste er sich sogar vor Gericht wegen Erpressung und unsauberer Kursgeschäfte verantworten.
Also nahm er am Freitag den Premier und das Kabinett als Geiseln, rief eine neue Regierung aus und erklärte sich selbst zum Sprecher der Fidschianer. Dabei hat er jedoch offenbar weder das Militär noch die Fidschianer selbst hinter sich. Insbesondere der Anführer der Pro-Fijian Taukai Movement, Apisai Tora, distanzierte sich gestern öffentlich von Speight. Speight ist sich inzwischen selbst bewusst, dass er seine Lage falsch eingeschätzt hat. Daher ist er bereit, die Geiselnahme zu beenden, wenn ihm die Eingeborenenchefs die Unterstützung versagen, womit zu rechnen ist.
Doch auch wenn Speight aufgibt, scheint die Gefahr eines Umsturzes noch nicht gebannt. Adi Kuini Speed, Fidschis stellvertretende Premierministerin, vermutet, die Geiselnahme sei nur „ein Test“ gewesen. Die wirklichen Täter würden sich noch in den Kulissen verbergen. Denn so seltsam die Geiselnahme anmutet: Sie ist nur möglich vor dem Hintergrund des schwelenden Konflikts zwischen den Eingeborenen und den indischen Einwanderern, die 46 Prozent der Bevölkerung stellen. Im Kampf um Macht, Einfluss und Ressourcen ist es immer wieder zu Putschversuchen gekommen. Die Geiselnahme des George Speight wird nicht die letzte gewesen sein. MARTIN BOTH
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen