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Der Bunker

■ Die Spielstätte in Bremen-Farge war in der Nazizeit ein Ort der „Vernichtung durch Arbeit“

Vom Herbst 1943 bis zum Frühjahr 1945 wurde in hektischer Eile in Bremen-Farge ein Bunker errichtet, der jedem Angriff unzerstörbar standhalten und selbst zur Wunderwaffe geraten sollte. Jeden zweiten Tag, so das Kalkül der nationalsozialistischen Planer, sollte ein im Fließbandverfahren hergestelltes U-Boot vom Stapel laufen, um in einem beinahe verlorenen Krieg noch einmal eine Wende herbeizuführen. Kurz vor Kriegsende zerstörten die Alliierten zielgenau einen noch nicht fertiggestellten Deckenabschnitt und stoppten so den Bunkerbau. Übrig blieb die leere Hülle einer nicht angelaufenen Kriegsproduktion, fast einen halben Kilometer lang, siebzig bis hundert Meter breit, über der Erde fünfundzwanzig Meter hoch, mit viereinhalb Meter dicken Wänden und siebeneinhalb Meter starken Eisenbetondecken – hier wird an einem Betonklotz der ganze Wahn des nationalsozialistischen Terrors augenfällig.

„Gigantisch... Ein Menschenhirn hat Schwierigkeiten, sich das vorzustellen“, schrieb der Franzose Raymond Portefaix in seinen Erinnerungen an die Zeit als Zwangsarbeiter in Farge, die er 18-jährig als Hölle auf Erden wahrnahm. Täglich arbeiteten 10.000 bis 12.000 Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Insassen auf der Bunker-Baustelle, mindestens 4.000 kamen unter den mörderischen Arbeitsbedingungen um. Heute ist der Bunker eine Gedenkstätte: „Vernichtung durch Arbeit“.

Im Nachkriegs-Bremen wurde der Bunker „Valentin“ jahrelang verdrängt und verharmlost. Das architektonische Faszinosum „Bunker“ überlebte, nicht aber die Menschen und ihre Geschichte. Der Bunker galt als bautechnisches Wunderwerk und als Beleg für die ungebrochene deutsche Leistungsfähigkeit. Für den Weser Kurier war er in den Fünfziger Jahren ein „nicht vollendetes Bauwerk der Zeit der Pharaonen“, „achtes Weltwunder, Betongebirge, Riese und Koloß“. Seine grauenhafte und eng mit Bremen verbundene Geschichte wurde verniedlicht und verharmlost. Es ist eine Zeit, in der auf der einen Seite Bremer Baufirmen versuchen, noch offene Rechnungen für ihre Arbeit bei der Errichtung des Bunkers einzutreiben, und auf der anderen Seite Leichen von Arbeitern gefunden wurden, die beim Bau vermutlich entkräftet in die flüssigen Betonmassen gestürzt sind. Es gab in diesen Jahren viele verschiedene Pläne zur Bunkernutzung: Manche wollten ihn zuschütten und auf dem Hügel ein Ausflugslokal mit Blick auf die Weser errichten, andere wollten ihn zum Atombunker umbauen lassen.

Seit 1983 erinnert ein eher unauffälliges Mahnmal an das Los der ehemaligen Zwangsarbeiter. 1988 drehte Thomas Mitscherlich für den NDR einen zweiteiligen Bericht über den Bunker, seinen Bau und die Qual der Zwangsarbeiter. Seitdem beschäftigen sich immer wieder Einzel- und Privatinitiativen mit diesem besonders verbrecherischen Aspekt der Bremer Lokalgeschichte. So hat z.B. Anfang der 90er Jahre eine Schülerinitiative Briefe an Firmen geschrieben, die an der Bauausführung beteiligt waren und nichtssagende bzw. gar keine Antworten erhalten: August Reiners, Tesch, Mannesmann Demag, Bremer Vulkan und Wayss & Freytag. Außerdem waren die Deschimag/Werft AG „Weser“, die zum Krupp-Konzern gehört, und Siemens-Schuckert am Bau beteiligt.

Heute wird ein Teil des Bunkers als Bundesmarinedepot genutzt. jl

Die Ausstellung Johann Kresnik – Choreografische Skizzen und Zeichnungen 1973-1998 ist bis zum 27.6. in der Kunsthalle und der Städtischen Galerie im Buntentor zu sehen.

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