: Dogmadiplome
Zum sechsten Mal zeigt die Akademie der Künsteneue Abschlussarbeiten von Filmstudenten im Probelauf
Filmstudenten haben es besser als Studenten anderer Fächer. Während deren Abschlussarbeiten meist in Archiven vergammeln, werden die der Filmhochschüler wenigstens ab und zu gezeigt. Zum Beispiel auf dem sechsten Filmstudentenfestival „Probelauf“, das morgen Abend in der Akademie der Künste stattfindet.
Von der Berliner dffb und der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen kommen jeweils fünf Arbeiten, die „Danske Filmskole“ ist mit drei Streifen vertreten. Nachts kann man sich dann noch die Diplomfilme der Dogma-Helden Lars von Trier und Thomas Vinterberg anschauen – und zwischendurch über alles diskutieren.
Ob sich stilistische oder thematische Trends ablesen lassen können – nun ja. Dass die Filme dramaturgisch funktionieren, dass sie locker alle Standards erfüllen und die Macher sofort beim Fernsehen oder anderswo anfangen könnten, überrascht nicht. Die kleinen Geschichten sind gelungene Fingerübungen.
Manches, wie Rudolph Julas „Drei Wünsche“ (dffb) kommt auch ein bisschen sozialkundemäßig daher: Ein junger Mann, der sich aus der Klein- in die Großstadt gerettet hat, stirbt an Aids. Seine letzte Bitte: die Eltern nicht in sein Zimmer zu lassen. Die Eltern wollen den Leichnam des missratenen Sohns zurück in die Kleinstadt holen, „so als hätte das alles nicht gezählt“, was der Sohn tat, der bedrückenden Enge zu entkommen.
„Adrian und der Wolf“ von Sylvie Lazzarini (dffb) variiert ein ähnliches Thema: Der Sohn, ein Schauspieler, besucht seine typisierten Eltern und will ihnen erzählen, dass er Aids hat. Der Plot ist von bestürzender Einfachheit: Die tumben Eltern meinen, er spiele ihnen eine Theaterrolle vor.
Die Geschichte des Mädchens aus der Brotfabrik in Nathalie Percilliers Film „Hartes Brot“ meint man auch schon öfters gesehen zu haben, auch wenn sie sehr schön inszeniert wurde und es generell lobenswert ist, wenn sich Filmhochschüler mal wieder mit der Arbeitswelt beschäftigen. Mitreißend und sehr lus- tig dagegen ist Catharina Deus' „[1]/2 8“ geraten. Es geht um ein junges Mädchen, das aus dem Heim abgehauen ist und unterwegs einen netten Staubsaugervertreter kennen lernt. Mit einem wunderbaren Anfangsmonolog, in dem es darum geht, dass alle Männer ununterbrochen wichsen, am liebsten in ein Stück rohes Fleisch. Das sollen die Frauen dann essen und davon Kinder kriegen.
Große Klasse auch das dreißigminütige „Lost Weekend“ von Dagur Kári, in dem ein junger Techno-DJ in einem romantisch-abgetakelten Hotel aufwacht, in das er nie eingecheckt hat. Kári lässt seine Helden ein gemütliches Zelt im Hotelzimmer bauen. Indessen entwickelt der Altfreak-Hotelier eine nette Minibar-Philosophie, bei der es darum geht, dass der Blick des Hotelgastes zuerst auf langweilige Softdrinks fallen soll und dann erst auf die begehrenswerten Getränke.
DETLEF KUHLBRODT
Probelauf VI, Filme und Gespräche, 26. Mai, 18–23 Uhr, Akademie der Künste, Hanseatenweg 10
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