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Äthiopien sucht Entscheidungsschlacht gegen Eritrea

Das bedrängte Eritrea geißelt angesichts des äthiopischen Vormarschs das „Schweigen der Welt“. Äthiopien verspricht Rückzug – nach dem Sieg

BERLIN taz ■ Eritrea beging gestern den siebten Jahrestag seiner Unabhängigkeit von Äthiopien in einem Zustand der Generalmobilmachung. Nach Berichten aus der Hauptstadt Asmara sind so gut wie alle Männer und Frauen zwischen 16 und 40 Jahren an der Kriegsfront. Auch unter den 40- bis 55-Jährigen werde rekrutiert. Die gesamte erwachsene Bevölkerung des knapp vier Millionen Einwohner zählenden Landes ist somit direkt am Krieg beteiligt – entweder im Militär oder als Flüchtlinge aus den bereits von Äthiopien besetzten Gebieten.

Eritrea hat seit Beginn seiner neuesten Offensive vor knapp zwei Wochen nach äthiopischen Angaben die Kontrolle über nahezu die Hälfte des Landes verloren, vor allem im Südwesten des Landes, obwohl die Eroberung eritreischen Bodens nicht von Äthiopien als Kriegsziel dargestellt wird. Premierminister Meles Zenawi sagte vielmehr gegenüber Diplomaten in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba am Dienstag, die eritreische Regierung „hat dieses Gebiet verlassen; wir sind dort nicht hineingegangen, es ist ein Vakuum“. An die 500.000 Menschen sind aus dem von Äthiopien eroberten Gebiet entweder evakuiert worden oder geflohen; die äthiopische Armee steht mittlerweile kurz vor den Toren von Akordat. Aber, so Meles Zenawi: „Wir werden kein eritreisches Territorium besetzen. Sobald unsere Mission abgeschlossen ist, werden wir jeden Zentimeter eritreischen Territoriums evakuieren.“

Die „Mission“ definierte der äthiopische Premier als „Umkehrung der eritreischen Aggression“ durch eine Zerschlagung der eritreischen Linien an der umstrittenen Grenze. Dafür versuchen die äthiopischen Truppen, nach ihrem Durchbruch im Westen die eritreischen Truppen an den anderen umstrittenen Grenzgebieten, vor allem am zentralen Frontabschnitt um Zalambessa, zu umzingeln.

Um Zalambessa ist seit Dienstagabend eine heftige äthiopische Offensive im Gange. Hier soll Eritrea den Großteil seiner Armee konzentriert haben; insgesamt stehen sich um Zalambessa 150.000 Soldaten gegenüber. Von äthiopischer Seite wird die Lage so dargestellt, dass der Krieg nach einem Sieg in Zalambessa zu Ende sein könnte.

Sollte Äthiopien die Schlacht um Zalambessa nicht gewinnen, wird es voraussichtlich versuchen, seine Offensive im eritreischen Landesinneren auszuweiten, um den Druck auf den Gegner zu erhöhen. Nach eritreischen Angaben stehen äthiopische Truppen vor einem Angriff auf Mendefera an der Schwelle des zentraleritreischen Hochlands, dessen Eroberung den Weg in die eritreische Hauptstadt Asmara freimachen würde. Nichtoffizielle nationalistische Kreise in Äthiopien fordern immer häufiger einen Regierungswechsel in Eritrea.

Die UNO denkt angesichts all dessen offenbar an keine weiteren Maßnahmen jenseits des letzte Woche beschlossenen Waffenembargos, an dessen Wirksamkeit kaum jemand glaubt. Bei den Unabhängigkeitsfeiern in Asmara geißelte Präsident Isaias Afeworki das „Schweigen der Welt gegenüber Ungerechtigkeit und Blutvergießen“. Manche eritreischen Stimmen stellen die internationale Untätigkeit gegenüber der äthiopischen Offensive auf eine Stufe mit der Untätigkeit des Völkerbundes angesichts der italienischen Besetzung Äthiopiens 1936. Dabei wird der äthiopische Premier Meles Zenawi mit dem damaligen italienischen Diktator Benito Mussolini gleichgesetzt. Auch Äthiopien nimmt auf die 30er-Jahre Bezug – allerdings umgekehrt: Genauso wie damals sei Äthiopien auf sich allein gestellt, so Meles Zenawi.

In einem seltenen Schritt Richtung Versöhnung wollen heute in Rom die katholischen Bischöfe Äthiopiens und Eritreas zusammentreffen. Die eritreischen Bischöfe hatten am Sonntag ein internationales Eingreifen gegen den Krieg gefordert: „Ganze Regionen sind zu Schlachtfeldern geworden, Luftangriffe auf Städte und Dörfer gehen gnadenlos weiter, die Leute ziehen ziellos herum, tausende sind verwundet oder tot“, schrieben sie. „Wir können nicht verstehen und noch weniger rechtfertigen, dass seit der Erneuerung der Feindseligkeiten jede Interventionsmöglichkeit als erschöpft angesehen wird.“

DOMINIC JOHNSON

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