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NPD will zurück auf die Straße ...

Mit Großdemos, Horst Mahler und Skinmusik will die rechtsextreme NPD am Samstag in Passau den „Tag des nationalen Widerstands“ zelebrieren. Eine „nationale Erlebniswelt“ rund um die Nibelungenhalle soll den Mitgliederschwund aufhalten

aus NürnbergBERND SIEGLER

„Den Kampf um die Straße“ wollen sie wieder aufnehmen, Deutschlands „Nationaldemokraten“. Nachdem der NPD vor allem in den neuen Bundesländern die Mitglieder in Scharen davonlaufen, will Parteichef Udo Voigt sie unter anderem mit Großkundgebungen wieder für die „Speerspitze der Nationalen Außerparlamentarischen Opposition“ einfangen.

„Bewegung muss Partei ergreifen“ – unter diesem Motto mobilisiert die NPD für den 27. Mai nach Passau. Dort, in der Nibelungenhalle, wollen die Neonazis den „Tag des nationalen Widerstands“ mit einer „ausgewogenen Mischung aus Parteifest und Großkundgebung“ zelebrieren. Voigt erwartet rund 6.000 Besucher.

Im Februar 1998 hatte die NPD schon einmal zum „Tag des nationalen Widerstands“ nach Passau aufgerufen. Damals waren etwa 4.000 vorwiegend stramme Jungnazis und Faschoskins, flankiert von verbotenen rechtsextremen Organisationen wie der „Nationalistischen Front“, der „Wiking-Jugend“ oder der „Nationalen Liste“, in die Dreiflüssestadt gekommen.

Sie machten deutlich, dass sich in der NPD ein Generationenwechsel vollzogen hat. Aus der unbeweglichen revisionistischen Partei der Altnazis ist eine Organisation geworden, die geschickt die soziale mit der nationalen Frage verknüpfte. Mit populistischen Aktionen wie nationalen Stammtischen, Konzerten und dem Vertrieb von Naziskinmusik wie auch mit Aufmärschen und spektakulären Einzelaktionen gewann die NPD in dieser Zeit viele junge Mitstreiter, vor allem im Osten: Der größte Teil der 1.700 Neuzugänge seit 1998 kam aus den neuen Ländern, vor allem aus Sachsen.

Doch in den letzten Monaten haben viele Aktivisten der Partei wieder den Rücken gekehrt. In Sachsen verlor die NPD rund ein Drittel ihrer Mitglieder. Unzufrieden waren sie vor allem damit, dass die Parteispitze dem Landesverband die beliebten Aufmärsche verbot, um die NPD bei der sächsischen Landtagswahl als wählbare Alternative zu präsentieren.

Doch der Landesvorsitzende Winfried Petzold hatte andere Vorstellungen von Mobilisierung: die NPD sei aber eine „Kampf- und Sammlungsbewegung aller nationalen Kräfte und kein Wahlverein“, bemäkelte er die Parteilinie. Mit Wahlen käme man nicht weit, die Partei solle stattdessen wieder verstärkt auf die Straße gehen. Die NPD-Führung reagierte. Am 12. März marschierten rund 300 Nazis zum Brandenburger Tor, zum 1. Mai durfte die Basis in Wetzlar und Fürth auflaufen. Passau soll jetzt zum Signal für den von der Parteiführung ausgerufenen „Aufbruch 2000“ werden.

Auf dem Parteitag im März dieses Jahres kündigte Voigt unter dem Motto „Das Reich unser Ziel, die NPD unser Weg“ eine Modernisierung und Verjüngung des Parteiapparats an. Auch dürfe die Basis nicht länger in „altrechten Ghettos“ verharren: Die Parteiaktivisten sollten Bürgernähe zeigen, in die Freiwillige Feuerwehr oder in Sportvereine eintreten. Als Beispiel nannte Voigt das sächsische Riesa. Dort zieht der NPD-Stadtrat Jürgen Günz geschickt die Fäden. Er hatte sein Mandat mit der Losung „Alles für Riesa, alles für Deutschland“ gewonnen. Günz verkaufte das Gebäude seiner in Konkurs gegangenen Sanitärfirma an die Partei. Jetzt residiert darin der NPD-eigene „Deutsche Stimme Verlag“ Riesa. Auch Kassetten und CDs von Naziskinbands und Devotionalien wie das Eau de Toilette „Nationalist – Der herbe Duft vom großen Reich“, werden nun von Sachsen aus versandt. Die Stadt machte es den Rechten leicht: Obwohl sie wusste, dass die NPD Interesse am Kauf des Gebäudes hatte, verzichtete sie auf ihr Vorkaufsrecht und machte so den Einzug der NPD überhaupt erst möglich.

Um die Mitglieder bei der Stange zu halten, will die Partei nun die 1938 erbaute Passauer Nibelungenhalle in eine „wahre Erlebniswelt von und für Nationalisten“ verwandeln. NPD-Pressesprecher Klaus Beier verspricht für 25 Mark an der Tageskasse „Nationalismus pur“. Dazu gehört das Vorlesen von „nationalen Aufbruchswillen zeugender Grußbotschaften“ ebenso wie das Geplänkel des rechtsextremen Liedermachers Frank Rennicke und des englischen Rechtsrockers „Stigger“, ehemaliger Gittarist der neonazistischen Kultband „Screwdriver“. Das Rednerpult werden der ehemalige persönliche Referent von NS-Propagandaminister Goebbels, Wilfried Oven, sowie der zum Neonazi konvertierte Ex-APO-Aktivist Horst Mahler erklimmen – und natürlich Parteichef Voigt, der für sein Lieblingsprojekt werben will – die Ausweitung der NPD über die deutschen Landesgrenzen hinaus. Bereits im Dezember letzten Jahres hatte sich die NPD bei Schweizer Behörden nach den rechtlichen Voraussetzungen für einen eidgenössischen Parteiableger erkundigt. Seit Monaten schon rekrutiert die NPD Mitglieder in Österreich und fordert nun die ÖVP/FPÖ-Koalition auf, die 1988 verbotene österreichische „Nationaldemokratische Partei“ wieder zuzulassen.

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