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Kirchentag der jungen PDS

Beim Treffen der Nachwuchssozialisten ging es nicht um UN-Einsätze, nicht um die eigenen Konflikte, sondern um krasse Probleme des sächsischen Umlands

LEIPZIG taz ■ Schon am frühen Samstag abend ist Leipzigs hübsche Innenstadt nicht mehr sicher. Aus allen Stadtteilen strömen Studenten und Lehrlinge ins Zentrum, aus dem nahen Dresden und dem fernen Holland reisen Jugendliche an. Sie alle wollen allerdings nicht zum 3. Bundesjugendtreffen der PDS-Jugend. Das zeitgleich stattfindende „größte Kneipenfestival Europas“ lockt 40.000, die sich amüsieren wollen, die Partei des Demokratischen Sozialismus zieht mit dem Slogan „Wir können auch anders“ knapp 300 Besucher an.

Weit angereist sind viele von ihnen auch, aber statt Bier zu trinken, quetschen sie sich in die engen Bänke des fensterlosen Hörsaals 19 der ehemaligen Karl-Marx-Universität und lauschen dem Hochschullehrer Lothar Bisky, noch ein paar Monate Vorsitzender der PDS.

Bisky tut, als freue er sich, am Samstag morgen die Parteijugend begrüßen zu dürfen. Gerade die müsse aufschreien gegen die wachsende staatliche Überwachung der Bürger, sagt er. Das ist auch der inhaltliche Schwerpunkt dieses Jugendtreffens. Manch alter Genosse hätte bestimmt auch einige praktische Erfahrung aus dem Überwachungsstaat einbringen können. Aber das ist das ferne Gestern. Heute hat die Partei die schwierigste Krise seit der Wende zu bewältigen, verliert ihre Spitzenpolitiker, ringt um ein modernes Programm und kriegt in Westdeutschland immer noch keinen Fuß auf die Erde.

Das Morgen aber gehört der Jugend! Die ist allerdings in der PDS eine noch kleinere Minderheit als bei der Konkurrenz. 3.500 Menschen unter 30 haben ein Parteibuch, vier Prozent der Gesamtmitgliedschaft. Dabei kann man es als junger Mensch weit bringen in der PDS. In Leipzig tauschen Matthias Gärtner, 27, und Steffen Tippach, 33, politische Erfahrungen aus: Die beiden sind stellvertretende Vorsitzende in den großen PDS-Fraktionen in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Im Gegensatz zur bürgerlichen Konkurrenz reserviert die PDS ihrem Nachwuchs reichlich Mandate, Funktionen und sogar einen Platz in der Programmkommission.

Dabei kann die Parteijugend sich kaum selbst organisieren: Die AG Junge GenossInnen gibt es nicht mehr, einen Jugendverband, mit dem kryptischen Namen „solid“ gibt es noch nicht so richtig, und deshalb organisiert ein Mitarbeiter des Bundesgeschäftsführers den Kongress . Er heißt Stefan Grunwald, ist 26 Jahre alt und dokumentiert seinen Wunsch nach Zugehörigkeit zur politischen Klasse mit grauer Anzugjacke, Stoffhose und Handy und tröstet die Journalisten: „Unsere Strukturen durchschauen die meisten hier auch nicht.“ Grunwald stört das nicht: „Das ist hier eben unser kleiner Kirchentag für Sozialisten.“

Die Teilnehmer, 16 bis 35 Jahre alt und zu zwei Dritteln aus Ostdeutschland, diskutieren nicht entlang der Konfliktlinien der Mutterpartei. Nichts zur Hinwendung zur SPD, wenig Substanzielles zur Auseinandersetzung mit den Orthodoxen in der Partei, kaum Meinung zur designierten neuen Vorsitzenden Gabi Zimmer.

Näher als UN-Missionen in Krisengebiete ist den Teilnehmern das sächsische Umland. Die kontroverse Podiumsdiskussion, wie man dort am effektivsten gegen „faschistische“ Strukturen ankommt, ist die bestbesuchteste Veranstaltung des ganzen Wochenendes. r.a.

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