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Armee-Kampftruppen frauenfrei

Verteidigungsminister Rudolf Scharping will doch nicht so viele Frauen in die Bundeswehr aufnehmen. Laut einem Entwurf für die Änderung des Soldatengesetzes sollen Frauen aus Kampftruppen vollständig ausgeschlossen bleiben

von HEIDE OESTREICH

Die Ankündigung klang schon so seltsam: „Im Prinzip“, hatte Scharping vor ein paar Wochen erklärt, würden alle Einheiten der Bundeswehr für Frauen geöffnet. Nun will das Verteidigungsministerium die Frauen doch lieber aus allen Kampftruppen fernhalten.

In dem Entwurf für die Änderung des Soldatengesetzes, der am Mittwoch im Kabinett verhandelt wird, hat das Ministerium deshalb eine Vorbehaltsklausel eingefügt: „Bestimmte Waffendienste dürfen männlichen Soldaten vorbehalten werden, soweit dies wegen der Art und der Bedingungen ihrer Ausübung zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft zwingend geboten ist“, zitiert die Süddeutsche Zeitung aus dem Entwurf.

Damit richte man sich nur nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.

Der EuGH habe in seinem Urteil zur Klage von Tanja Kreil gegen die Bundeswehr eingeräumt, dass es Verwendungsbereiche geben könne, von denen Frauen ausgeschlossen blieben, generell müsse die Bundeswehr sich aber öffnen. Befohlen hat der EuGH das natürlich nicht, sondern lediglich erlaubt. Das heißt, wenn die Bundeswehr nur will, kann sie Frauen überall einsetzen. Allein, sie will nicht.

Insbesondere der Inspekteur des Heeres möchte weite Teile seiner Truppen frauenfrei halten: In dem Entwurf für die Ausführungsbestimmungen zu dem neuen Soldatengesetz listen die Chefs von Luftwaffe, Marine und Heer die Bereiche auf, aus denen die Frauen herausgehalten werden sollen: Die Marine möchte die 50 Posten der Kampfschwimmer den Männern reservieren, die Luftwaffe die 40 Posten der Luftretter. Im Heer allerdings sollen Frauen von sämtlichen Kampftruppen ferngehalten werden, vom Kommando Spezialkräfte (KSK) über Panzertruppen bis zu den Luftlandetruppen. Frauen wären danach von etwa 26.000 Dienstposten ausgeschlossen, das sind 11,4 Prozent des gesamten Heeres.

Diese Angaben stehen in krassem Widerspruch zu den bisherigen Aussagen des Verteidigungsministers, der bisher behauptet hatte, im Prinzip würden alle Laufbahnen für Frauen geöffnet, nur Eignung, Leistung und Befähigung würden die Auslese bestimmen. Auch der Wehrbeauftragte Wilfried Penner hatte sich für eine Öffnung aller Laufbahnen ausgesprochen, „und bei dieser Aussage bleibe ich auch“, bekräftigte er gegenüber der taz.

Düpiert fühlt sich der Bundeswehrverband, der die Belange der SoldatInnen vertritt: Man sei sich bisher mit Scharping einig gewesen, dass Frauen auch in Kampftruppen eingesetzt werden können. „Die Einsätze der Bundeswehr heute sind doch ganz anders als im Zweiten Weltkrieg“, sagt Jürgen Meinberg vom Vorstand des Verbandes, „in Bosnien etwa wird nicht an einer Front oder hinter feindlichen Linien operiert. Die Truppen sind fest stationiert. Da können Frauen problemlos eingesetzt werden.“

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