Kulturschock gegen rechten Mainstream

Musik, Theater und Kleinkunst statt rechter Parolen, Expo und Kommerz. „Kulturschock 2000“ rockt zwischen Hellersdorfer Plattenbauten

„Ein klares Zeichen gegen den rechten Mainstream setzen“ wollen die VeranstalterInnen des „Kulturschock 2000“, der morgen im Rohrbruchpark in Hellersdorf stattfindet. Mit Konzerten, Kleinkunst und Theater wollen die Organisatoren in dem Bezirk, der als NPD-Hochburg gilt, aufzeigen, dass die Jugendszene nicht den politischen Rechten überlassen werden muss.

Denn alternative Kultur hat es schwer in Hellersdorf: Anfang des Jahres schloss der Bezirk die Räume des Vereins „Das Haus e. V.“, eine Gründung der Jungen Antifaschisten Hellersdorf. Etwa 150 Jugendliche, die einen Veranstaltungsraum suchten, der noch nicht von rechtsradikalen Jugendlichen besetzt ist, standen plötzlich auf der Straße. Der Versuch im März, das Haus wieder zu besetzen, wurde von der Polizei verhindert. Am 1. Mai veranstaltete die NPD in Hellersdorf einen Aufmarsch, bei dem 1.200 Rechtsradikale durch die Straßen ziehen durften – während die Gegendemonstration verboten wurde. Von den linken Demonstranten, die sich dennoch gegen die rechten Marschierer versammelten, nahm die Polizei etwa 200 in Gewahrsam.

Der Bezirk Hellersdorf, am Rande Ostberlins, hat den jüngsten Altersdurchschnitt der Stadt: Fast jeder dritte Einwohner ist unter 18 Jahren. Aber für Jugendclubs fehlt dem PDS-regierten Bezirk offenbar das Geld. Dabei wurden gegen das Image ostdeutscher Plattenbau-Tristesse mit Fördergeldern in Millionenhöhe ein Sanierungsgebiet – „Das Gelbe Viertel“ – modernisiert und als dezentrales Expo-Projekt ausgewiesen.

Zum ersten „Kulturschock“ vergangenes Jahr kamen etwa 1.800 Besucher. Dieses Jahr, so hofft Veranstalterin Hilke Böttcher, werden es doppelt so viele sein. „Wir haben eine sehr gute Resonanz auf die erste Veranstaltung bekommen. Dieses Jahr haben sich die Gruppen ungefragt an uns gewendet, weil sie unbedingt dabei sein wollten, auch ohne Bezahlung.“ In Bomberjacken rumzulaufen und rechtsradikale Parolen zu skandieren ist für Böttcher „nicht eine Modererscheinung, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Stimmung. Aber ein Gefühl der Ohnmacht wäre falsch und unnötig. Auf allen Ebenen kann etwas dagegen gemacht werden.“

DIETMAR KAMMERER