schnittplatz: Tagungsmonster Medienforum
„Was vor 12 Jahren als überschaubares medienpolitisches Symposium mit 600 Teilnehmern begann, ist heute das größte Fachforum für Medien und Kommunikation in Europa.“ Die Veranstalter des Medienforums NRW finden das richtig klasse, auch wenn in den vergangenen Jahren das Murren der Branche über die Unübersichtlichkeit und Beliebigkeit dieser Messe unüberhörbar geworden ist.
Das Kongressprogramm bläht sich immer mehr auf. Nichts sagende Rubriken wie „@com“, „mecom“, „Agenda 2000“ oder „generation m“ vereinen eine Vielzahl von divergierenden Diskussionsrunden zwischen „Neuen Marktmodellen für das Kabelnetz“ und „Kameraarbeit zwischen Qualität und Ökonomie“ sind die Regel. Eine medienpolitische Grundsatzansage durch NRW-Premier und Medienfan Wolfgang Clement gibt es schon längst nicht mehr. Heute, in Zeiten medienpolitischer Machtlosigkeit, dürfen die wahren Herren des Mediengeschäfts ran: Rubert Murdoch versprach beim Medienforum 1998, Millionen in seinen TV-Sender Vox zu investieren. Davon kam zwar kaum etwas an. Aber es zeigt, was die NRW-Medienpolitik ersetzt hat: Wirtschaftsförderung, zur Not mit der Brechstange. Köln soll, muss, kann gar nicht anders als größter „Medienstandort“ der Republik werden. Und so will die Düsseldorfer Staatskanzlei auch vom diesjährigen „Keynote-Speaker“ allenfalls wissen, wie viel er in NRW zu investieren gedenkt. Der kommt 2000 aus Frankreich, vom Mischkonzern Vivendi. Und ist nicht mal der Oberboss: Vivendi-Chef Jean-Marie Messier hat am Freitag abgesagt – wichtigere Termine drängen – und schickt seinen zweiten Mann.
Man fährt trotzdem hin, denn wie bei jedem Kongress sind die Themen, die nicht auf der Tagesordnung stehen, die interessanteren. Und man weiß: Die richtigen Gesprächspartner lungern da auch irgendwo rum. JB/STG
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