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Israels Koalition steckt in der Krise

Das Parlament stimmt mehrheitlich für vorgezogene Neuwahlen. Auch die Minister der religiösen Schass stimmen gegen Regierungschef Barak. Dieser droht mit Rausschmiss der Abtrünnigen. Die Frommen wollen Geld für ihr Schulsystem

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Mit 61 zu 48 Stimmen hat das israelische Parlament gestern in erster Lesung für einen Gesetzentwurf zur Auflösung der Knesset und vorgezogenen Neuwahlen gestimmt. Der Abgeordnete Avigdor Liebermann von der Immigrantenpartei Israel Beteinu hatte den Entwurf eingebracht. Zwei ähnliche Gesetzentwürfe aus den Reihen des oppositionellen Likud wurden ebenfalls mehrheitlich befürwortet.

Das ausgearbeitete Gesetz wird vermutlich nicht vor Beginn der parlamentarischen Winterperiode zur zweiten und dritten Lesung vorliegen. Vorgezogene Neuwahlen würden demnach frühestens im Dezember stattfinden. Auch in zweiter und dritter Lesung wäre eine absolute Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Abgeordneten notwendig. Wahrscheinlich ist, dass Premierminister Ehud Barak bis dahin eine Reihe der gegnerischen Parlamentarier für sich gewinnen kann – möglicherweise als neue Partner in der Koalition – und das Gesetz letztendlich nicht durchkommen wird.

„Sei kein Napoleon“, appellierte Avigdor Liebermann an Barak und begründete seinen Gesetzentwurf mit einer Reihe von ungelösten innenpolitischen Problemen. Für die Mehrheit der Abgeordneten, die den Gesetzentwurf Liebermanns befürworteten, spielten indes völlig andere Gründe eine Rolle. Die National-Religiöse Partei, bisheriger Koalitionspartner, wollte lediglich „ein Zeichen setzen“ und vor allzu eiligen Kompromissen mit den Palästinensern warnen. Die antireligiöse Partei Schinui stimmte prinzipiell gegen die Regierung mit orthodoxer Beteiligung. Schinui wird bereits als möglicher Ersatzkoalitionspartner gehandelt, sollten sich die Frommen aus der Regierung verabschieden. Und Amir Peretz, Chef der kommunistischen Partei Am Echad, protestierte mit seinem Votum gegen die jüngst vorgestellte Steuerreform.

Entscheidend ist jedoch vor allem, dass sich mit der Abstimmung die seit Wochen schwelende Koalitionskrise mit der orientalisch-orthodoxen Schass-Partei zuspitzt, die mit 19 Mandaten den zweitgrößten Koalitionspartner stellt. Zum ersten Mal votierten auch die Minister der Schass gegen die eigene Regierung. Barak drohte bereits im Vorfeld der gestrigen Parlamentssitzung: „Wer gegen mich stimmt, muss zurücktreten.“ Auch vor Neuwahlen fürchte er sich nicht. Es werde ein Ende damit haben, dass „Minister die Stühle im Kabinett warm halten und sich verhalten, als gehörten sie zur Opposition.“

Im Anschluss an die Parlamentssitzung hieß es aus Baraks Umfeld, dass er es nicht sehr eilig habe, über die Zukunft seiner Koalition zu entscheiden. Barak trennt sich mit Blick auf bevorstehende Entscheidungen im Friedensprozess schwer von dem einflussreichen Partner. Jede Einigung mit den Palästinensern muss vor einer Umsetzung per Referendum befürwortet werden. Die Schass als Partner von Regierungsentscheidungen bedeutet die Unterstützung von rund 400.000 Bürgern.

Es ist allerdings keineswegs sicher, ob die Schass Neuwahlen will. Das überragende Ergebnis von 19 Mandaten bei den Wahlen im vergangenen Jahr wird schwer zu wiederholen sein. Tatsächlich betrachtet die Schass, eigenen Aussagen zufolge, ihre Votierung im Parlament lediglich als Warnsignal. „Wenn der Regierungschef bereit ist, nun ernsthaft zu verhandeln, dann steht dem nichts im Weg“, meinte Schass-Gesundheitsminister Schlomo Benisri.

Grund der Auseinandersetzung ist die Summe von mehreren Zigmillionen Schekeln, die die Schass dringend für den Unterhalt ihres religiösen Erziehungssystems benötigt.

Erziehungsminister Jossi Sarid knüpft die Überweisung der Gelder wiederum an eine Reihe von Bedingungen, darunter eine an das weltliche Schulsystem angeglichene Stundenzahl. Sollte Barak ihn zu der Überweisung der Gelder zwingen, drohte Sarid, dann werde seine Partei die Koalition verlassen.

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