: Der Einmischer
Paraguays ehemaliger Heereschef Lino Oviedo wurde nach monatelanger Flucht mal wieder festgenommen. Jetzt will er Brasilien um Asyl bitten
Seit Februar 1989 taucht Lino Oviedo regelmäßig auf der politisch-militärischen Bühne Paraguays auf – wie ein kleiner Gnom, der seine Freude daran hat, sich immer dann einzumischen, wenn gerade niemand an ihn denkt. Und falls der Ex-Heereschef zufällig mal nicht in einen Fall verwickelt ist, wird trotzdem alles auf ihn geschoben.
Dabei hat Oviedo nach eigenem Dafürhalten viel für sein Land geleistet: Er selbst soll den langjährigen paraguayischen Diktator Alfredo Stroessner nach 35 Jahren im Amt zum Abdanken gezwungen haben – mit einer Handgranate in der Faust vor dessen Schreibtisch. Volksnah ist Ex-Heereschef Oviedo natürlich auch: Als er 1996 die Panzer auf die Straßen Asuncións rollen ließ, um den damaligen Präsidenten Carlos Wasmosy aus dem Amt zu putschen, hielt er flammende Reden gegen die durch und durch korrupte Politikerklasse des Landes. Besagte Reden hielt er unter anderem auf Deutsch: Das Militärhandwerk hat Oviedo an der Bundeswehr-Führungsakademie gelernt.
Doch trotz Sprachkenntnissen und militärischer Unterstützung scheiterte der Putsch, Oviedo wurde er zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt – und kurz darauf freigelassen. Erst als er auf einem Parteitag als Präsidentschaftskandidat der regierenden Colorado-Partei nominiert wurde, fing man in der Hauptstadt Asunción wieder an darüber nachzudenken, wie man ihn am besten aus dem Verkehr ziehen könnte. Die Lösung war schnell gefunden: Oviedo wurde erneut wegen des Putschversuches von 1996 verurteilt, diesmal zu zehn Jahren Haft. Die Strafe steht bis heute aus.
Als im März 1999 der paraguayische Vizepräsident Luis Maria Argaña ermordet wurde, wurde Oviedo als Drahtzieher verdächtigt. Er flüchtete sich nach Argentinien ins Exil. Und dort tauchte er im Dezember 1999 wohl auch unter. Am vergangenen Freitag wurde Oviedo nun von der brasilianischen Polizei im Grenzdreieck zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay festgenommen.
Um eine Auslieferung an Paraguay zu verhindern, will Oviedo nun in Barasilien politisches Asyl beantragen. Aber seine Chancen stehen schlecht, da er illegal ins Land eingereist ist. In Paraguay ist eine ganze Liste von juristischen Verfahren gegen ihn anhängig. So wird er nicht nur für den Mord an Argaña verantwortlich gemacht, sondern auch für den Tod von acht Jugendlichen, die in den Unruhen später ums Leben kamen. Außerdem soll Oviedo auch hinter dem erneuten Putschversuch am 18. Mai stehen. Das allerdings streitet er ab. INGO MALCHER
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