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Hools bleiben zu Hause

Polizeigesetz gegen Spaß und Gewalt: Mindestens 12 Hamburger dürfen nicht zur Fußball-EM nach Holland und Belgien reisen  ■ Von Elke Spanner

Es soll das Spiel der Spiele werden, und mindestens 12 Hamburger Fußballfans müssen draußen bleiben. Den heutigen Anpfiff des Matches Deutschland gegen England erleben einige stadtbekannte Hooligans vom heimischen Fernseher aus. Die hiesige Polizei hat Fußballrowdys die Einreise in die EM-Länder Belgien und Holland untersagt. Täglich müssen sie sich auf einem Polizeirevier in ihrem Bezirk melden, an den Tagen, an denen die deutsche Elf spielt, zwei Stunden vor Anpfiff des Spiels.

Gerade wenn Deutschland und England aufeinandertreffen, ist die Stimmung unter den Zuschauern in der Regel extrem aufgeheizt. Schon in den Neunzigern prägte der britische Stürmer Gary Lineker den Satz: „Fußball ist ein Spiel, bei dem 22 Leute hinter einem Ball herlaufen und Deutschland gewinnt.“ In der Tat setzten sich die deutschen Kicker auch bei der vergangenen Weltmeisterschaft und Europameisterschaft gegen England durch – beide Male im Elfmeterschießen. Damit macht man sich keine Freunde.

Um zu verhindern, dass die Fans ihre Feindschaften außerhalb des Stadions gewalttätig austragen, hat die Polizei zu den drastischen Maßnahmen gegriffen und einzelnen Hools schlicht die Ausreise untersagt. Möglich ist das laut Sprecher Hans-Jürgen Petersen nach dem Polizeigesetz: „Gefahrenabwehr“. Abgesegnet wurde die Entscheidung von der Justiz- und Innenministerkonferenz. Bisher setzte man eher darauf, die verfeindeten Fans vor Ort zu trennen – was Straßenschlachten nicht verhinderte und bei der WM 1998 den französischen Gendarmen Daniel Nivel fast das Leben kostete.

Laut Petersen wurde die Meldepflicht nur den Hooligans auferlegt, die bereits mehrfach in Erscheinung getreten sind und deren Gewaltbereitschaft „die höchste Ausprägung“ erreiche. Zusätzlich hat die Hamburger Polizei 44 einschlägig bekannte Fußballfans einer Zentralen Informationsstelle gemeldet. Dort sind sie in der Datei „Gewalttäter Sport“ registriert – und können bei Kontrollen jederzeit als Hooligans identifiziert werden. Am ersten EM-Wochenende hatte der Bundesgrenzschutz 51 aus dem ganzen Bundesgebiet anreisenden Hools den Grenzübertritt nach Belgien oder Holland untersagt.

Die Hamburger Polizei verfolgt bei ihren Präventivmaßnahmen ein „abgestuftes Konzept“. Etliche Hooligans bekamen Hausbesuch von der Polizei oder standen an üblichen Treffpunkten nicht nur anderen Fans, sondern auch PolizeibeamtInnen gegenüber. Die klärten sie darüber auf, welche Strafen sie zu erwarten hätten, sollten sie in Ausschreitungen verwickelt sein. „Denkbar ist auch“, sagt Petersen, dass „dem einen oder anderen sig-nalisiert wurde: Wenn Du ausreisen willst, kommst Du nicht weit“.

Bisher haben sich die Maßnahmen aus Sicht der Polizei bewährt. Gegen die Meldeauflagen habe keiner der Fans Rechtsmittel eingelegt. Und auch bei den Spielen sind Hamburger noch nicht aufgefallen – auch nicht nach dem Remis gegen Rumänien. Bei dem es nur kein Elfmeterschießen gab, weil das K.O.-System noch nicht gilt.

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