: Rainers Welt
Rainer Langhans, Mitbegründer der Kommune 1, wird heute sechzig.Zum Geburtstag gibt’s Gespräche über Liebe, Eifersucht und Angst
Der Ausdruck Apo-Opa, schrieb die Woche anlässlich des heutigen 60. Geburtstags von Rainer Langhans, bekäme jetzt endlich Sinn. Der Jubilar, der 1968 mit Dieter Kunzelmann und Fritz Teufel die „Kommune 1“ gründete, zeigte sich an gleicher Stelle richtig dankbar – ganz wie es sich für einen guten Opa gehört: „Big Brother, I was watching you, in voller Länge. Die Kommune ist damit im Fernsehen angekommen. Danke.“
Das klingt bescheiden. Sollen ein paar Dumpfbacken wie Zladdi & Jürgen zwischen den Werbeblöcken alles gewesen sein, wofür die Kommune einst angetreten ist – Gefühl und Politik, Orgasmusprobleme und Kulturrevolution zusammenzubringen? Sicher nicht. Und doch hätte man Langhans keinen größeren Geburtstagswunsch erfüllen können, als ihn statt oder noch besser mit Verona Feldbusch in den BB-Container einzuladen.
Die Überdosis Medienaufmerksamkeit, die er einst als Bürgerschreck und an der Seite der schönen Uschi Obermaier abbekam, vermisst Langhans heute schmerzlich. Anders als Fritz Teufel, der sich mit Zen-Glatze in der Kunst des Fahrradfahrens und Mundhaltens übt, hat er seinen zerzausten Wuschelkopf so wenig abgelegt wie seinen Drang in die Medien.
Seit ihn Mitte der 70er-Jahre ein indischer Meister auf den „inneren Weg“ schickte, versucht er, diese Erfahrungen der Öffentlichkeit zu vermitteln – leider meistenteils unverständlich, in eher verquasten Büchern („Theoria diffusa“) und Talkshow-Auftritten. Ein Gespräch über den Hitler in uns, das ich Mitte der Achtzigerjahre in dieser Zeitung mit ihm führte, brachte dem diffusen Theoretiker sogar das (völlig ungerechtfertigte) Etikett eines „Eso-Faschisten“ ein. Immerhin: Vor einigen Jahren gab’s den Grimme-Preis für den Dokumentarfilm „Schneeweiß Rosenrot“ über „die Zwilllinge“.
Außer diesen beiden Frauen leben im Schwabinger Umfeld des Altkommunarden seit 20 Jahren auch noch drei weitere, die „ihren Rainer“ wirklich verstehen. Deshalb gibt’s zum Geburtstag auch keine kommunemäßige Sex-Drogen-Rock-’n’-Roll-Party – gute Laune gilt dem Asketen als oberflächlich und suspekt –, sondern ein Gesprächsmarathon im Minicontainer, bei schönem Wetter im Park oder am See. Thema: Liebe, Eifersucht, Angst. Und wenn nicht mindestens eine der Frauen mal wieder heult oder ausrastet, war’s nicht authentisch und muss wiederholt werden. Da duldet der Pascha dieses virtuellen Harems auch zum Geburtstag keine Ausrede – es sei denn, „Zlatkos Welt“ meldet sich doch noch zum Drehtermin. MATHIAS BRÖCKERS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen