: Dünner Rückhalt für Strieder
SPD-Fraktionschef plädiert für Wiederwahl – und kalkuliert die Niederlage gleich mit ein
Der arme SPD-Fraktionsvorsitzende! Da hatte sich Klaus Wowereit vier Jahre lang als Haushaltspolitiker für die eiserne Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing geschlagen – prompt wurde sie von Parteichef Peter Strieder abserviert. Mühsam hatte sich Wowereit daraufhin mit Strieder arrangiert – prompt wird der Landesvorsitzende von der eigenen Basis demontiert.
Wowereit hat daraus seine Lehre gezogen, und die lautet: Wenn du dich in der Berliner SPD über Wasser halten willst, dann knüpfe deine Zukunft bloß nicht an Personen.
Gewiss, offiziell sprach sich der Fraktionschef gestern noch einmal für die Wiederwahl des Parteivorsitzenden aus. Die „Kontinuität“ an der Parteispitze spreche für Strieder, außerdem verfüge er als Senator über „ein Amt, das auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“. An weitere Vorzüge des Kandidaten konnte sich Wowereit aber auf die Schnelle nicht erinnern: „Um Herrn Strieder zu loben, reichen drei Minuten nicht aus.“ Die Zeit, um für den Fall der Fälle vorzubauen, konnte der Fraktionschef gestern vor der Presse allerdings erübrigen. Auch die Gegenkandidaten Stefan Grönebaum und Hermann Borghorst seien „selbstverständlich verlässliche Partner für die Fraktion“, betonte Wowereit, „der Fraktionsvorsitzende muss mit allen Kandidaten konstruktiv zusammenarbeiten können“.
Kein Wunder, dass sich Wowereit alle Optionen offen hält. Denn für die Wiederwahl seines Favoriten Strieder mag auch er seine Hand nicht mehr ins Feuer legen. „Da kann ich überhaupt keine Einschätzung abgeben“, sagte er, „das wird noch ein dynamischer Prozess werden.“
Von der Siegeszuversicht, der Grundregel jedes – auch innerparteilichen – Machtkampfs, ist bei den angeblichen Strieder-Getreuen ohnehin nichts zu spüren.
Im Gegenteil: Der Kandidat wird für den Fall der Niederlage schon vorsorglich getröstet. „Selbstverständlich“ könne Strieder „ein erfolgreicher Senator bleiben“, auch wenn er auf dem Parteitag unterliege, sagte Wowereit – und fügte gleich hinzu: „Dass das kurzfristig nicht das Image verbessert, steht außer Zweifel.“ RALPH BOLLMANN
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