: Rechtsextreme Gruppen rüsten auf
Innensenator sieht Ansätze für „rechtsterroristische Aktivitäten“. Anschläge nur knapp vereitelt. Anzahl gewaltbereiter Rechtsextremisten steigt
von DOROTHEE WINDEN
Innensenator Eckart Werthebach (CDU) sieht erstmals „Ansätze für rechtsterroristische Aktivitäten“ in der Region Berlin-Brandenburg. Das sagte er gestern bei der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichts. Werthebach bezog sich dabei auf mehrere vereitelte Anschläge von Rechtsextremisten gegen linke Lokale und Personen.
Nach einem Bericht des Tagesspiegel war vor anderthalb Wochen im Keller eines Rechtsextremisten bei einer Durchsuchung eine Rohrbombe entdeckt worden. Sie sollte zur Vergeltung für Brandanschläge auf Fahrzeuge von Rechten in Königs Wusterhausen verwendet werden, die vermutlich von Antifa-Gruppen verübt wurden.
Im Mai dieses Jahres nahm die Polizei einen Brandenburger Rechtsextremisten fest, der sich ein halbautomatisches Gewehr mit Zielfernrohr und Schalldämpfer besorgt hatte. Im September 1999 waren Neonazis auf dem Weg zum linken Szenetreffpunkt „Pesthund“ in Prenzlauer Berg, um einen Brandanschlag zu verüben. Sie setzten ihr Vorhaben aber nicht um. Die Rechten sollen zu einer Gruppierung gehören, die im Mai 1999 in einer Hamburger Neonazi-Zeitschrift terroristische Aktionen angekündigt hatte.
Bislang seien rechtsextreme Gewalttaten in der Regel von Einzeltätern verübt worden, sagte Verfassungsschutzchef Eduard Vermander: „Das Neue ist, dass offensichtlich mehrere Täter zusammenwirken.“ Mit Verweis auf die noch laufenden Ermittlungen wollte Werthebach keine näheren Angaben machen. Er betonte jedoch, dass „gewalttätige Einzeltäter, Klein- und Kleinstgruppen“ aus dem rechtsextremistischen Spektrum eine „große Gefahr“ darstellten.
Laut Verfassungsschutzbericht ist die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten von 660 Personen (1998) auf 740 Personen (1999) gestiegen. Dies ist ein Zuwachs von 12 Prozent. Die Zahl der Neonazis stieg im gleichen Zeitraum von 330 auf 420 Personen. Im Vergleich zu 1997, als noch 245 Neonazis erfasst wurden, ergibt sich eine Steigerung von 70 Prozent.
Die Zahl der Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund sank laut der Statistik des Verfassungsschutzes um die Hälfte: sie gingen von 510 Straftaten im Jahr 1998 auf 238 Straftaten 1999 zurück. Innensenator Werthebach führte dies auf die erfolgreiche Prävention der Sicherheitsbehörden zurück. Es sei aber festzustellen, dass die Taten „sehr viel konspirativer“ vorbereitet werden.
Die grüne Abgeordnete Renate Künast kritisierte gestern, dass Werthebach vor dem parlamentarischen Verfassungsschutzausschuss noch im März erklärt habe, es gebe in der Region keinerlei Hinweise auf rechtsradikalen Terrorismus.
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