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Hauptsache Standort

Informationsstadt Berlin: Die Landesinitiative „Projekt Zukunft“ zieht nach drei Jahren Arbeit Bilanz – und vergisst, dass Wissen in Zukunft vor allem zum sozialen Faktor wird

Vor drei Jahren gründete sich die Landesinitiative „Projekt Zukunft“. Angesichts einer Arbeitslosenquote von 17 Prozent wollte man Berlin auf den Weg in die Informationsgesellschaft bringen und beriet sich in Fachkreisen wie „Berlin – offene Stadt“ oder „Verwaltung interaktiv“ mit Gleichgesinnten aus Wirtschaft und Bildung.

Bei einer Pressekonferenz im Virchow-Klinikum zog man nun Bilanz, und Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner hatte frohe Botschaften mitgebracht: Gründerhauptstadt! Silicon Village! Berlin, die Stadt des Wissens! Es geht also um Wissen. Oder, wie Prof. Bayerer von der HdK es nannte: Informationsüberlappung. Viel zu oft weiß die eine Hand nicht, was die andere tut. Was innerhalb eines Betriebes, den Hochschulen oder der Verwaltung schon schwierig ist, muss dort, wo es um die Kooperation dieser ja eher geschlossenen Systeme geht, erst recht zum Problem werden.

Das Geld fließt vor allem in solche Projekte, deren gemeinsames Nebenprodukt die Standortoptimierung ist. Denn mehr noch als um den internationalen Anschluss (hinter dem man teilweise weit hinterherhinkt) geht es wohl darum, nicht hinter ähnliche Förder- und Kooperationsprojekte in Nordrhein-Westfalen und Hamburg zurückzufallen.

Auch Initiativen wie „CidS – Computer in die Schulen“, die bis zum Ende des Jahres alle Schulen an das Internet angeschlossen haben will, und der „Wissensatlas Berlin“, ein Präsentations- und Recherchesystem für Berliner Wissenschaftspotenziale, werden als Dienstleistung für die Privatwirtschaft verstanden.

Selbst „art exchange“, ein Service-Provider für die Vernetzung von Galerien und Künstlern, wird unter dem Stichpunkt des Standort-Marketings beworben.

In diesen Runden wird schnell vergessen, dass in der so genannten Wissensgesellschaft Wissen auch ein, vielleicht sogar der wichtigste soziale Faktor sein wird. Die Entwicklung der „Informationsstadt Berlin“ sollte nicht in der Hand des Wirtschaftssenators allein bleiben – und dass es auch anders geht, bewies ja zum Beispiel die gelungene Präsentation der Berliner Clubkultur auf dem diesjährigen Sonar-Festival in Barcelona.

Immerhin, hinsichtlich der Standortentwicklung kann der senatliche Futurismus als Erfolgsgeschichte verbucht werden. Insbesondere Projekte wie „Healthcare Logistics“, ein Logistikkonzept für Krankenhäuser, und das virtuelle Güterverkehrszentrum, ein Organisationssystem für Speditionsunternehmen, werden auf der Expo ausgestellt und nachgefragt. Und wenn es dem „Netzwerk Informatik“ wenigstens voriges Jahr gelang, eine hochschulpolitische Stupidität wie den Numerus Clausus für Informatik zu verhindern, ahnt man, welch positive Effekte diese Kooperationen haben können.

Branoner and Friends jedenfalls sind glücklich und freuen sich auf die Zukunft. Aber nach all den guten Nachrichten war man schon zu müde für die Präsentation der – selbstverständlich „kostenoptimalen“ – Healthcare Logistics, für die man ja eigentlich nach Wedding gekommen war. SEBASTIAN HANDKE

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