: Querschläger in der CDU
Generalsekretär Ingo Schmitt zeigt Diepgen, wo der Hammer hängt: Airportplanung unsicher, Schabowski unbegnadigt, SPD ungeschont
von RALPH BOLLMANN
Wenn die Berliner SPD sich öffentlich streitet, will auch die Union sich nicht lumpen lassen. Der neue CDU-Generalsekretär Ingo Schmitt nutzte am Montagabend ausgerechnet die Präsentation einer neuen Kampagne zur Mitgliederwerbung, um die Fassade der Harmonie mit einer ganzen Salve von Querschüssen gegen die eigene Parteiführung zum Einsturz zu bringen.
Die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) müht sich gerade, den Privatisierungsvertrag für den neuen Großflughafen unter Dach und Fach zu bringen? Das hält den Generalsekretär und Europa-Abgeordneten nicht davon ab, schon einmal über das Scheitern des Projekts zu spekulieren. Details wollte Schmitt allerdings nicht nennen. „Ich höre, dass die Verhandlungen schwierig sind“, verriet er. Deshalb müssten Berlin, Brandenburg und der Bund „Vorsorge treffen“, um den Bau per Kreditaufnahme „notfalls aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanzieren“ zu können. Auch CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky sollte nicht ungeschoren davonkommen. Die Partei trete „mit Sicherheit nicht“ für die von Landowsky geforderte Begnadigung des früheren SED-Politbüromitglieds Günter Schabowski ein.
Der Linie Diepgens und Landowskys, den angeschlagenen Koalitionspartner SPD vorerst zu schonen, mochte sich Schmitt ebenfalls nicht anschließen. Sollte sich die Verlegung von Straßenbahngleisen in der Leipziger Straße als rechtswidrig erweisen, so der Generalsekretär, dann müsse Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) persönlich für den Schaden aufkommen. Und einen richtigen Koalitionskrach kündigte Schmitt für den morgigen Donnerstag an, wenn SPD und CDU darüber beraten, wie viel Geld die Bezirke an abgelehnte Asylbewerber zahlen sollen. In dieser Frage sieht der Politiker „keinen Spielraum, nachzugeben“.
In der Partei wurde gestern heftig über die Frage gerätselt, was den Generalsekretär zu seinen Attacken verleitet hat. Offenbar verspürte Schmitt das Bedürfnis, nach vier Monaten im Amt endlich nach außen Profil zu zeigen. Auf dem Parteitag im Februar musste Diepgen angesichts seiner geschwächten Hausmacht in der Partei widerwillig ein Personalpaket akzeptieren, in dem Schmitt für den Posten des Parteimanagers vorgesehen war. „Ich werde nicht vergessen, woher ich komme“, hatte damals der 42-Jährige versichert, der einst zum Diepgen-kritischen Gesprächskreis „Union 2000“ zählte. Dieses Versprechen wollte Schmitt offenbar einlösen.
Schmitts Amtsführung stößt innerhalb der CDU schon länger auf Kritik. Parteifreunde bemängeln nicht nur seine mangelnde mediale Präsenz, sondern auch Defizite bei den auf diesem Posten so wichtigen organisatorischen Fähigkeiten. Einigkeit herrschte gestern vor allem in einem Punkt: Seine Karrierechancen hat Schmitt, dem auch Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt werden, mit seinem Profilierungsversuch nicht verbessert.
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