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Kampfhunde werden ausgestorben

Nach dem Tod des sechsjährigen Volkan K. bildet sich eine breite Front gegen Kampfhunde und ihre Halter. Innenminister Schily und Bundespräsident Rau fordern ein einheitliches Bundesgesetz. Erneut wurden Übergriffe auf Menschen bekannt

aus BerlinANJA MAIER

Der sechsjährige Volkan K. hatte keine Chance. Was seine Mitschüler an der Hamburger Grundschule in der großen Pause mit ansehen mussten, wird sie ihr Leben lang verfolgen. Kein Erwachsener konnte Volkan helfen – nicht der Halter der Pitbulls, nicht die Polizisten. Als sie die rasenden Tiere erschießen, ist Volkan bereits tot.

Nach der tödlichen Kampfhundeattacke vom Montag mehren sich die Forderungen nach einem Bundesgesetz gegen die Tiere. Bundespräsident Johannes Rau und Innenminister Otto Schily forderten Konsequenzen aus dem Vorfall. Auch Justizministerin Herta Däubler-Gmelin kündigte an, wenn entsprechende Ländergesetze nicht zustande kämen, müsse der Bund eingreifen. Bereits Anfang Mai hatte die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern entsprechende Maßnahmen auf Länderebene diskutiert. Für heute ist eine Telefonkonferenz anberaumt. Hessen und Rheinland-Pfalz kündigten an, noch vor der Sommerpause Gesetze gegen Kampfhunde vorlegen zu wollen.

Für ein bundesweit gültiges Gesetz fehlt allerdings noch eine einheitliche Definition für gefährliche Hunde. Zu den denkbaren Maßnahmen gehören das Verbot von Zucht, Handel und Ausbildung der Hunde und eine Halterprüfung. Kampfhunde könnten dann in Deutschland nur am Rande der Illegalität gehalten werden.

Die Bundespolitik schaut nun nach Bayern. Dort ist seit 1992 mittels einer Verordnung die Zucht von Kampfhunden verboten. Wer dennoch einen Kampfhund hält, muss eine Erlaubnis einholen und ein berechtigtes Interesse nachweisen. Außerdem muss eine besondere Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Das Übertreten dieser Verordnung wird mit Geldstrafen zwischen 20.000 und 100.000 Mark geahndet.

Andernorts versucht man dem Kampfhunde-Problem auf dem fiskalischen Weg zu begegnen. So haben etwa die mecklenburg-vorpommersche Stadt Wolgast und das brandenburgische Oranienburg drastische Hundesteuersatzungen beschlossen. In Oranienburg zahlen Halter seit dem 1. Januar 1.000 Mark jährlich für den ersten Kampfhund, für jeden weiteren 1.200 Mark. Die Bürger wurden aufgefordert, Kampfhunde beim Ordnungsamt anzuzeigen. Die stellvertretende Bürgermeisterin der 30.000-Einwohner-Stadt, Kerstin Schleising (FDP), weiß von fünf Fällen, in denen zurzeit auf Kosten der Halter Gutachten angefertigt werden. Wird den Hunden Ungefährlichkeit bescheinigt, sinkt die Steuer auf den normalen Satz von 108 Mark. Von 28 registrierten gefährlichen Hunden wurde bisher keiner abgemeldet.

Wie um die gebotene Eile zu unterstreichen, wurden gestern weitere Überfälle von Kampfhunden auf Menschen gemeldet. In Köln wurde ein 73-jähriger Mann von einem Pitbull schwer verletzt. Der Hund fiel den am Boden liegenden Mann an und biss ihm ins Gesicht. Der Halter ist flüchtig. In Krefeld wurde ein Polizist angegriffen, als er einer Anzeige wegen Lärmbelästigung nachging. Der Beamte erschoss den Pitbull sofort.

Der Halter der beiden Hamburger Kampfhunde wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt. Ihm wird Totschlag vorgeworfen. Seine Begleiterin, gegen die wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird, ist auf freiem Fuß. Für beide Hunde galt eigentlich Leinen- und Maulkorbzwang.

Am gleichen Tag gedachten im Stadtteil Wilhelmsburg Schüler, Lehrer und Eltern des getöteten Volkan. Am Tatort findet sich neben Blumen, Kerzen und Plüschtieren auch dieser Zettel: „Lieber Volkan, wir vermissen dich, weil die doofen Hunde dich getötet haben.“

Kommentar SEITE 11

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