piwik no script img

Bilder schreiben

■ Zum 60. Todestag liest Fritz Lichtenhahn in der Kunsthalle Texte von Paul Klee

Schon für einen Werkaspekt allein sind die meisten Künstler berühmt, auch wenn ihre Produktion oft den Einzelkünsten gar nicht klar zuzuordnen ist. So steht auch beim zurzeit in der Kunsthalle groß ausgestellten Paul Klee das geschriebene Werk nicht im Zentrum der Beachtung. Dabei hat er sich immer auch theoretisch mit Kunst auseinandergesetzt.

Angesichts seiner Bilder scheint es manchmal, als habe er die Elemente der Malerei einzeln genommen zu Bildthemen gemacht, als stünden die Buchstaben im Vordergrund. Dass Noten, Töne und Musik zwar zueinander gehören, aber durchaus eigene Wertigkeiten haben, hat der späterer Künstler wahrscheinlich schon von seinem Vater, einem Musiklehrer, gelernt. Und überhaupt war sich Paul Klee lange Zeit nicht darüber im Klaren, ob er zum Musiker, Maler oder Dichter werden soll.

Von 1899 an bis zu seiner Heirat mit Lily Stumpf 1906 schiebt er eher symbolistische Liebeslyrik, um 1916 zeichnete er Schriftbilder, und später sind seine dichterischen Texte expressionistischer, surrealistischer oder dadaistischer, sprachanalytischer Art. Von den Nationalsozialisten aus Deutschland vertrieben, hört er genauer auf den Dialekt seiner alten Schweizer Heimat: „AKUAKEN/a Kuh Ketten/ABUAMANZIAGL/an Bubenanzügel/ANFON/an Faden/ ABAGLMEIDE/a Packel Maitee“ (1933).

Kaum ein anderer Künstler hat seinen Bildern so präzise, poetische Titel gegeben, wie Paul Klee: „Silbermondschimmelblüte“ oder „Ein Auge, welches sieht, das andere, welches fühlt“. So nutzte er Bild und Sprache, um mit seiner Kunst die Sinne zu öffnen.

„Ich versuche andere/auf meine Entwicklungsbewegung/einzustellen,/bis sie selber einmal/die Stimme des Drachen/im fest verschlossenen Würfel/hören werden“. Diese Wunsch-Notiz von 1926 aus einem seiner Tagebücher hat sich, ist er doch zu einem der populärsten modernen Klassiker geworden, sicherlich erfüllt.

„Einst werd ich liegen im Nirgend/bei einem Engel irgend.“ Paul Klee starb vor heute genau 60 Jahren in Muralto-Locarno. Eine Lesung am heutigen Abend erinnert an den vielschichtigen Bauhausmeister.

Hajo Schiff

Zum 60 Todestag. Fritz Lichtenhahn liest Texte von Paul Klee“, Donnerstag, 19 Uhr, Rotunde, Altbau, Hamburger Kunsthalle; dazu die einzige erhältliche Publikation der Gedichte: Paul Klee: Gedichte, 142 Seiten, Leinen, Verlag Arche, Zürich-Hamburg

Paul Klee - Die Sammlung Bürgi, Hamburger Kunsthalle, bis 23. Juli; Katalog im Verlag Benteli, 280 Seiten, Hardcover, 39 Mark

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen