die stimme der kritik: Betr.: Fußball ist unser Leben
Männer, Frauen und Kulturbeutel
Vom Fußball kommt man als Mann nicht los; der ordnet die Ödnis des Lebens und ist auch sehr lehrreich. Man erinnert sich dabei zum Beispiel wieder an die Fremdheit der Geschlechter. Es ist fast immer unerträglich, mit Frauen zu gucken. Denn Frauen reden beim Fußballgucken dummes Zeug und sind nicht richtig bei der Sache. Ihnen scheint das alles letztendlich am Arsch vorbeizugehen, während man sich selber ständig aus dem Fenster werfen möchte. Wer Gegenteiliges behauptet, ist ein Trottelstrunz. Wobei der sympathische Bayernprofi andererseits auf eine durchaus charmante Weise neulich bei Harald Schmidt mitgeholfen hatte, die entscheidenden Szenen des Portugalspiels auf einem kleinen Studiospielfeld nachzustellen. Das war eine massenverachtende Performance und freute die üblichen Harald-Schmidt-Gucker aus der neuen Mitte, die, wie die DDR-Intelligenzija, kein wirklich anteilnehmendes Verhältnis zum Fußballsport entwickelt hat, sondern lieber mit Musikschulen (wenn man das schon hört!) gegen Ausländerfeindlichkeit kämpfen möchte.
Das System Fußball ist in sich aber auch zynisch: Als Frankreich gegen Portugal gewann, sagte der Dienst habende Reporter über den französischen Trainer: „Sein Vater ist während dieser EM verstorben. Das wird ihm die Freude über den möglichen Titelgewinn etwas versalzen.“ Andererseits auch wieder soziologisch sehr aufschluss- und lehrreich. Die deutschen Spieler hätten das höchste Kulturgut ihres Landes, die Nationalmannschaft, leichtfertig aufs Spiel gesetzt, hatte Günter Netzer gesagt. Im Tagesspiegel empörte sich einer, dass sich über diesen Satz keiner aufgeregt hätte. Zwar würde man es wohl auch nicht so formulieren, doch wenn man ehrlich ist, fällt einem auch kein höheres Kulturgut ein. Wie „Kulturbeutel“ wurde der Begriff Kulturgut vermutlich eh erst durch die Nazis eingeführt.
Festzuhalten bleibt als Rat an die Idole, die uns verließen: „Sind Ihre Beine oft schwer wie ein Stein – das können nur verstopfte Venen sein“, und um dies alles noch mal abzurunden, wollte eine Frau im Chinesisch-Deutsch-Kurs des Berliner Multikulti-Radios zwei schöne Sätze einführen. 1: „Na klar: Der Mann raucht und trinkt. Die Frau räumt auf.“ 2: „Ein Musikant. Chaotisch und charmant.“ DETLEF KUHLBRODT
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