: „16 gute Jahre für Deutschland“
Panzer an Saudi-Arabien? Eine politische Entscheidung. Leuna? Letzter Ausweg Elf. Eisenbahnerwohnungen? Alles korrekt. Die Unschuld des Exkanzlersvon DR. HELMUT KOHL
„Bereits am 16. Dezember 1999 habe ich in einem ZDF-Interview erklärt, dass ich nach meiner Schätzung in den Jahren 1993 bis 1998 etwa 1,5 bis zwei Millionen Mark an Spenden in bar entgegengenommen habe, die nicht ordnungsgemäß als Spenden verbucht worden sind. Ich habe dafür die volle politische Verantwortung übernommen. Ich habe damals gegenüber der Öffentlichkeit diesen Fehler eingestanden und mein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht.
Seitdem habe ich Erfahrungen gemacht, die ich vorher für unmöglich gehalten habe. In einem Akt beispielloser Diffamierung wird versucht, durch Falschmeldungen, Unterstellungen und Verdrehungen mich zu kriminalisieren. Ich kann nur vermuten, dass ich auch mit der Absicht fast sieben Monate nicht vor diesen Untersuchungsausschuss vorgeladen worden bin, um 16 Jahre meiner Kanzlerschaft – 16 gute und erfolgreiche Jahre für Deutschland – in den Dreck zu ziehen. In den letzten Monaten wurde jedes Mittel der Skandalierung meiner Person genutzt, um dieses Ziel zu erreichen. [. . .]“
Panzer an Saudi-Arabien
„. . . Ich habe mich bei meiner Entscheidung im Jahr 1990/1991 allein durch politische Notwendigkeiten und Entscheidungen leiten lassen. Das ist auch aus dem politischen und zeithistorischen Zusammenhang klar erkennbar. [. . .] Ich hatte für meine Haltung im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen gab es die konkrete Gefährdung der Staaten der Golfregion, die in der Allianz gegen Saddam Hussein zusammenwirkten. [. . .]
[. . .] Es gab aber noch einen weiteren wichtigen Grund, die Lieferung von Spürpanzern nach Saudi-Arabien zu unterstützen. Nach meiner Wahl zum Bundeskanzler 1982 wurde ich von der Führung Saudi-Arabiens darauf hingewiesen, dass angeblich Bundeskanzler Schmidt die Lieferung von Leopard-II-Panzern an Saudi-Arabien versprochen habe. Bundeskanzler Helmut Schmidt hat eine solche Zusage immer bestritten. Es gab im Kanzleramt keine Akten zu diesem Vorgang. [. . .]
Leuna
[. . .] Ich habe keinerlei Kenntnisse von Einflussnahmen oder Bestechungen bei dieser Entscheidung. [. . .] Schon bald zeigte sich, dass es angesichts der heruntergewirtschafteten Industrieanlagen sehr schwierig sein würde, einen Investor für Leuna zu finden. Am Ende zeigte sich, dass nur ein einziges Unternehmen sich wirklich engagieren wollte, nämlich der französische Ölkonzern Elf Aquitaine. [. . .]
[. . .] Bei meinen Gesprächen mit Mitterrand haben wir nie über Einzelheiten der konkreten Umsetzung gesprochen. Aber ich war mit Mitterrand darin einig, dass ein Engagement eines großen französischen Unternehmens in den neuen Bundesländern gleich in mehrfacher Hinsicht von großer – auch psychologischer – Bedeutung sein würde. [. . .]
[. . .] Ich habe zu keinem Zeitpunkt Geld erhalten und auch keinerlei Kenntnisse von anrüchigen Finanzmachenschaften im Zusammenhang mit dem Engagement des damaligen französischen Staatskonzerns Elf Aquitaine in Leuna gehabt. Ich stehe uneingeschränkt zu meinem politischen Engagement in Sachen Leuna und bin noch heute meinem Freund François Mitterrand für seine Unterstützung dankbar. Ich halte die in diesem Zusammenhang gegen François Mitterrand erhobenen Vorwürfe für besonders gemein und geschmacklos. Zumal sich der Tote nicht mehr zur Wehr setzen kann. [. . .]
Eisenbahnerwohnungen
[. . .] Ich habe die Familie Ehlerding erst wenige Tage vor der Bundestagswahl 1998, im September, in Hamburg kennen gelernt. Ich war dort bei einer Großkundgebung auf dem Gänsemarkt. Im Anschluss an die Großkundgebung fand im Hotel Alster ein Essen statt, zu dem die Hamburger Partei Spender eingeladen hatte. Bei diesem Essen wurde mir mit anderen Spendern die Familie Ehlerding vorgestellt. Und ich habe mich bei den Spendern selbstverständlich für ihre Unterstützung bedankt. Auch in diesem Fall lässt sich in keiner Weise der Vorwurf der Bestechlichkeit oder der Vorteilsnahme ableiten. Die Spenden für die CDU stehen in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung bezüglich der Eisenbahnerwohnungen. [. . .]
[. . .] Der Vorwurf der Käuflichkeit und Bestechlichkeit unserer Politik im Zusammenhang mit den über mich an die CDU gelangten Spenden ist absurd, und das wissen auch alle. Ich bin in meinem ganzen politischen Leben nie käuflich gewesen. Ich habe für die CDU Gelder in bar entgegengenommen. Die Entgegennahme in bar erfolgte, weil die Spender anonym bleiben wollten. Wenn dies nicht gewährleistet gewesen wäre, hätten die Spender der CDU das Geld nicht zur Verfügung gestellt. [. . .]
Die Spender
[. . .] Die SPD hat nunmehr einen anderen Spender, den hoch angesehenen Verleger Erich Schumann, der 45 Jahre Mitglied der SPD war und seine Partei in all diesen Jahren ideell und materiell enorm unterstützt hat, aus der Partei ausgeschlossen. Man wirft ihm vor, dass er mir über Parteigrenzen hinweg helfen wollte, Schaden zu begrenzen. Wenn man Herrn Schumann in diesem Zusammenhang ehrloses Verhalten vorwirft, zeigt das die ganze Erbärmlichkeit.
Was hier geschehen ist und noch geschieht, ist einer der beschämendsten Vorgänge in der Politik der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland der letzten Jahre, wenn nicht gar der letzten Jahrzehnte. Angesichts dieser Vorkommnisse und Erfahrungen kann man nur ahnen, was mit den damaligen Spendern geschehen wäre, wenn ich deren Namen genannt hätte. Bei diesen Spendern, deren Namen ich weiterhin nicht nenne, handelt es sich ausnahmslos um deutsche Staatsbürger, die nach meiner Kenntnis in keiner Weise mit Regierungshandeln zu tun hatten. [. . .]
[. . .] Sämtliche in bar erhaltenen Beträge habe ich nach 1992 dem Hauptabteilungsleiter für Finanzen, Personal und Verwaltung der Bundesgeschäftsstelle der CDU, Herrn Terlinden, und vor 1993 dem Generalbevollmächtigten der Schatzmeisterei, Herrn Dr. Lüthje, übergeben. Mit der weiteren technischen Abwicklung habe ich mich nicht befasst. [. . .]
[. . .] Die Vorwürfe, die im Zusammenhang mit den Spenden im Hinblick auf einen „Stimmenkauf“ von Delegierten des CDU-Bundesparteitages gegen mich erhoben worden sind, sind völlig abwegig. [. . .]
[. . .] Ich habe im Zeitpunkt meines Handelns nicht im Entferntesten an die Möglichkeit gedacht, der CDU wirtschaftlich oder in sonstiger Weise Schaden zufügen zu können. Im Gegenteil, ich wollte der CDU immer helfen. Ziel meines Handelns war es, die Chancenungleichheit mit der SPD zu verringern.
Nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen haben sich die materiellen Ausgangslagen in den Jahren immer mehr zu Gunsten der SPD verschoben. Die Sozialdemokraten haben – und dies ist völlig legitim – für den durch die Nazis zugefügten Schaden eine Wiedergutmachungsleistung von über 70 Millionen Mark erhalten. Sie konnten diese Mittel Gewinn bringend anlegen. [. . .]
[. . .] Ich bedauere heute, Spenden in bar entgegengenommen zu haben, und übernehme hierfür auch die volle Verantwortung. Ich habe dies als Fehler eingesehen und entschuldige mich hierfür.“ DOKUMENTATION: DPA
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