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Nur „ungeschickt formuliert“?

Möglicher Investor für das Metropol-Theater lädt die Mitglieder des Kulturausschusses zu einer Musicalvorführung nach Holland ein. Vorsitzende: kein Bestechungsversuch

Der Brief ging an die „sehr geehrten Mitglieder des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten“. Der Musicalbetreiber Stage Holding sieht ihn als eine „herzliche Einladung zum gegenseitigen Kennenlernen“ – andere als Bestechungsversuch.

Das Unternehmen will das derzeit ungenutzte Metropol-Theater und den davor liegenden Admiralspalast an der Friedrichstraße erwerben, rekonstruieren und bespielen. Dazu wolle man alle Pläne vorlegen. Aber zugleich glaube man, „dass die Möglichkeit, Ihnen anhand eines Beispiels, sozusagen in der Praxis, zu zeigen, was wir vorhaben, sehr viel aussagekräftiger und effizienter ist“, heißt es im Brief.

Am kommenden Wochenende sollten die Landespolitiker ins niederländische Scheveningen fahren, um sich das dortige Musical anzuschauen – die Kosten für den Flug nach Amsterdam, Transfer, Unterkunft, Verpflegung und Eintritt werde Stage Holding übernehmen, so die Firma. Und noch brisanter: Die Kulturausschuss-Vorsitzende Monika Grütters (CDU) habe „uns ermutigt, Ihnen die Gelegenheit zum persönlichen Besuch unseres Musicaltheaters in Scheveningen zu geben“.

Die bündnisgrüne Kulturexpertin Alice Ströver kann darin nur einen „unverhohlenen, relativ dreisten Bestechungsversuch“ erkennen: eine „Vergnügungsreise nach Holland“. Es empört sie, dass Grütters dem Brief zufolge die Firma sogar dazu ermutigt habe. Auch ihr PDS-Kollege Wolfgang Girnus sieht darin den Versuch, die Abgeordneten mit nettem Ton für eine Entscheidung einzunehmen.

Die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Irina Rusta, meint dagegen, man sollte darauf doch nicht so „negativ reagieren“. Angesichts der Potenz des Investors, der zwischen 60 bis 80 Millionen investieren wolle, und mangelnder Konkurrenz habe dieses Unternehmen Bestechung „nicht nötig“.

Monika Grütters sieht sich völlig falsch verstanden. Sie habe dem Unternehmen auf Anfrage lediglich empfohlen, die Einladung an jeden einzelnen Abgeordneten zu schicken – dass Stage Holding es nun so erscheinen lasse, als ermutige sie die Abgeordneten zur Reise, sei ein Missverständnis. Das sei keine offizielle Ausschuss-Angelegenheit, der Brief lediglich „ungeschickt formuliert“. Und noch eines: Sicherlich werde sie dort nicht mitfahren. PHILIPP GESSLER

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