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Nachhaltig mit Verfallsdatum

Eine fünfmonatige AgendaWerkstatt ließ sich der Senat 825.000 Mark kosten. Doch kaum jemand kommt. Unter Agenda-Aktivisten war sie von Anfang an umstritten

Früher türmten sich auf dem Gelände der Stralauer Glashütte Berge aus grünen Flaschenscherben. Heute stehen in einer Mondlandschaft zwei vereinzelte Backsteingebäude: eins ist die Expo-Ausstellung der Wasserstadt GmbH, das andere die AgendaWerkstatt. Die wird auch einen Monat nach ihrer Eröffnung von Agenda-Aktivisten heftig kritisiert: Sinnlos, zu teuer und bürgerfern sei das Projekt.

Im September 1999 hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, zeitgleich zur Expo die AgendaWerkstatt für fünf Monate in der Rummelsburger Bucht einzurichten. Ausstellungen und Veranstaltungen sollen hier für die Lokale Agenda 21 werben. Die Initiative hatte der damalige Vorsitzende der Enquetekommission „Zukunftsfähiges Berlin“, Peter Meyer (SPD), vorangetrieben.

War im Abgeordnetenhausbeschluss noch von 200.000 Mark die Rede gewesen, steckte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mittlerweile 825.000 Mark in die Werkstatt. Nach den fünf Monaten bleibt davon nichts für die Agenda-Bewegung. Einen nachhaltigen Effekt hat das Projekt nur für den Gebäudeeigentümer Wasserstadt GmbH. Die hat dann ein zur Hälfte saniertes Haus.

Unter der Hand wird in Insiderkreisen daher von Filz gemunkelt: Das Projekt sei nur initiiert worden, weil die Wasserstadt GmbH eine Lösung für ihr baufälliges, aber denkmalgeschütztes Haus gesucht habe.

Denn viele Akteure der Berliner Lokalen Agenda 21, die dem Projekt Leben geben sollten, hatten das abgelegene Haus von Anfang an nicht gewollt. „Weggeworfenes Geld“ sei das Projekt, kritisiert Armin Bremmer, ehemaliger Landeskoordinator der Lokalen Agenda in den Westbezirken. „Es ist ökonomisch unsinnig, so viel Geld in ein Haus zu stecken, das nur fünf Monate genutzt wird“, meint auch Gudrun Vinzing vom Umweltverband Grüne Liga. „Die Lokale Agenda soll bürgernah sein – dazu ist der Ort nicht geeignet“, kritisiert Dankwart August, Koordinator der Lokalen Agenda 21 in Wedding, den abgelegenen Standort.

Denn der hat außer der Nachbarschaft zum größten Berliner Expo-Projekt keine Vorteile. Und selbst diese Nähe ist umstritten. Für Uneingeweihte ist kaum zu erkennen, dass die Werkstatt kein Expo-Projekt ist. Selbst Umweltsenator Peter Strieder (SPD), der es wissen müsste, feierte die AgendaWerkstatt in seiner Eröffnungsrede als „dezentrales Projekt der Weltausstellung“.

Der Umweltverband Grüne Liga hatte diese Überschneidung schon zuvor befürchtet und daher die angebotene Projektträgerschaft abgelehnt. „Die Expo hat insgesamt mit Nachhaltigkeit nichts zu tun“, so Gudrun Vinzing von der Grünen Liga.

„Wir sind unabhängig von der Expo“, betont dagegen Erhard O. Müller vom Projektbeirat der AgendaWerkstatt. Müller steht dem Nachbarn unideologisch gegenüber: „Wir wollten vor allem vom Besucherstrom der Expo profitieren“. Doch der bleibt wie auf dem Expo-Gelände in Hannover auch in der Rummelberger Bucht weit hinter den Erwartungen zurück: Im Schnitt finden täglich 35 Besucher den Weg zur Werkstatt. Selbst viele Akteure der Lokalen Agenda 21 kommen nicht. Sie sind sauer, weil die Koordinatorenstellen in den Bezirken auslaufen, während es für solche Prestigeprojekte wie die Werkstatt Geld gibt.

Geld vom Senat soll es auch für ein noch zu entwickelndes langfristiges und vor allem im Stadtzentrum gelegenes Agendahaus geben. Müller hofft daher, dass noch Besucher den Weg nach Alt-Stralau finden: „Es besteht die Gefahr, dass die Politik am Ende sagt: ‚Die AgendaWerkstatt hat nicht funktioniert – dann braucht ihr auch kein Haus in Mitte.‘ “ GRIT FRÖHLICH

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