: Voll witzige Dukatenscheißer
Die Brainpool AG will ab sofort Deutschlands Comedy-Monopolist werden. Dabei ist sie das doch schon längst
Kein Pulleralarm, keine Pfui-Kellen – Comedy kann doch eine verdammt dröge Angelegenheit sein. Den rund 200 Aktionären, die sich am Dienstag zur Hauptversammlung ins Capitol am Kölner Hohenzollernring eingefunden hatten, war’s recht.
Denn im ehemaligen Kino, wo Comedy-Großproduzent Brainpool sonst die „Wochenshow“ für Sat.1 produziert, präsentierte die frisch gebackene AG bei ihrer ersten Hauptversammlung harte Zahlen statt kruder Gags: 1999 wurden für 55,4 Millionen Mark Witzchen verkauft, damit lag Brainpool weit über den zum Börsengang im November 1999 prognostizierten Umsätzen. Die Fortsetzung im ersten Quartal 2000 konnte Brainpool-Vorstand Jörg Grabosch gleich mitliefern: ein Umsatzplus von 172 Prozent gegenüber dem Vorjahrsanfang.
Schuld daran ist Stefan Raab, auch wenn „TV total“ allmählich der Stoff ausgeht: Macht nichts, gemolken wurde kräftig, der „Maschendrahtzaun“ hielt sich insgesamt sieben Wochen auf Platz eins der Charts. Und auch Raabs Grand Prix-Song „Wadde Hadde Dudde Da?“ verkaufte sich alleine bis Stockholm 320.000 Mal, das „TV total Album“ ging 300.000 Mal über die Ladentheke.
Werteschöpfer Raab
Raab ist überhaupt die Verkörperung von Graboschs immer wieder beschworener „Wertschöpfungskette“: Sogar die „TV total“-Pfui-Kelle ließ sich bisher 60.000 Mal verkaufen.
Neben „TV total“ und der „Wochenschow“ ist Brainpool mit der Erotik-Show „liebe Sünde“ (Pro 7) im Geschäft, dazu kommen die Einzelinitiativen der „Wochenshow“-Crew. Die funktionieren zwar längst nicht so gut wie das Original, spülen aber dennoch gutes Geld in die AG-Kasse, da Brainpool an den Produktionsfirmen der Stars und Sternchen beteiligt ist.
Vor allem Pro 7 bleibt treuer Großkunde: Dreizehn neue Shows bescheren uns noch dieses Jahr Ingo Appelt, und „TV total“ könnte allen Warnungen zum Trotz gleich mehrmals pro Woche auf Sendung gehen. Dreizehnteilig wird auch die Serie „Der Doc“ mit Ingolf Lück, um die sich die Sender noch reißen dürfen, und Sat.1 hat ab Herbst wieder ein wöchentliches „Voll Witzig“ geordert.
Mehr Einzelkämpfer
Unerschrocken quetscht der Comedy-Konzern seine Spin-off-Strategie auch mit den B-Größen der Branche aus: In „Mircomania“ darf sich – na klar doch – Mirco Nontschew allein auf dem Bildschirm ausbreiten, und RTL bietet für „Ratgeber Mann – Die Atze Schröder Show“ mit, schließlich kennt man sich schon. aus „Alles Atze“. Und weil’s bei Bastian Pastevka mit den lieben Liebenden nicht ganz so wie erhofft lief, heißt seine neue Reihe „Sta.Sek.Wi.Mi“, was Staatssekretären im Wirtschaftsministerium zu denken geben sollte.
Bedenken, dass aber eben nicht jeder dieser Sterne aufgeht, zerstreut Brainpool dagegen gerne mit dem Argument, dass man den Auszug von Harald Schmidt anno 1998 auch überlebt habe. Daher wird halt auch die „Wochenshow“ ohne Anke Engelke funktionieren, und „Danke Anke“ gibt’s ja ohnehin bald in Neuauflage: „Wir wollen der Comedy-Monopolist werden“, dieser Grabosch-Satz ist Brainpool Programm genug.
Ab dem Herbst soll es dann „TV total“ auch noch als Fernsehzeitschrift geben. Ungleicher Partner dabei ist der Springer-Verlag, auch wenn Grabosch das Kind wegen fehlender letzter Unterschriften unter die Verträge noch nicht beim Namen nennen konnte.
Darüber hinaus will Brainpool seine Internet-Präsenz mit einer eigenen Plattform weiter ausbauen und mit eigenen Computerspielen die Vermarktung der hauseigenen TV-Marken ergänzen. Die taz empfiehlt: Stefan Raab als Pacman, Anke Engelke als Lara Croft. PASCAL BEUCKER
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