: Islamunterricht wackelt
Die Schulverwaltung bemängelt den Rahmenplan der Islamischen Föderation und genehmigt ihn vorerst nicht. Noch Unklarheit, ob der Religionsunterricht an zwei Schulen begonnen werden kann
von JULIA NAUMANN
Die Schulverwaltung hat gestern per Brief der Islamischen Föderation mitgeteilt, dass die Rahmenpläne der umstrittenen Organisation bisher nicht genehmigt worden sind, weil es „pädagogische Defizite“ gebe. Damit ist unklar, ob nächstes Schuljahr islamischer Religionsunterricht angeboten wird.
„Es gibt didaktische und methodische Gründe“, sagte die pädagogische Beraterin von Schulsenator Böger (SPD), Angelika Knubbertz gegenüber der taz. Die Rahmenpläne seien bisher nicht vergleichbar mit denen anderer Religionsgemeinschaften. Knubbertz verwahrte sich jedoch dagegen, dass die Beanstandungen eine erneute Verzögerungstaktik seien. Sie verwies darauf, dass es zwei Jahre gedauert habe, bis die Rahmenpläne für jüdischen Religionsunterricht ausgereift gewesen seien.
Die Islamische Föderation spielte die Mitteilung gestern herunter: „Es geht nur um technische Fragen“, sagte der Verwaltungsratsvorsitzende Burhan Kesici. Er räumte jedoch ein, dass die islamische Pädagogik, die schwer zu vermitteln sei, noch besser erklärt werden müsse. Der Unterrichtsstoff geht nach Ansicht der Schulverwaltung zu wenig vom Kind und seiner Umwelt aus. So wird zu wenig religiöse Hilfe und Bildung geboten und zu viel der Koran zitiert. Auch die Multireligiosität stehe zu sehr im Hintergrund.
Kesici geht jedoch davon aus, dass der Unterricht wie geplant ab September an zwei Grundschulen in den zweiten Klassen beginnen werde: „Wir sehen keine Probleme.“ Es handelt sich dabei um die Fichtelgebirge-Grundschule im Kreuzberger Wrangelkiez und um die Rudolf-Wissell-Schule im Wedding. An der Kreuzberger Schule gebe es „mindestens 12 Kinder“, die an dem Unterricht teilnehmen würden. Doch es regt sich dort auch Widerstand. Die Elternvertreterin Ursula Rost ist darüber empört, dass die Islamische Föderation sich bisher nicht persönlich an die Gesamtelternschaft gewandt habe. „Das widerspricht einem demokratischen, partnerschaftlichen Verhältnis.“
Ursprünglich wollte die Organisation an fünf Grundschulen mit dem Unterricht beginnen, die Nachfrage sei nach Kesicis Angaben groß genug gewesen. „Wir wollten nach 20 Jahren Auseinandersetzung und vielen Vorurteilen dann doch kleiner anfangen“, begründet der Diplompolitologe die Zurückhaltung. Die islamische Föderation hatte sich nach Umfragen unter türkischen Eltern in Moscheen und Gemeindehäusern in Kreuzberg für die Fichtelgebirge-Schule entschieden, da diese einen sehr „guten Ruf habe“. Dass dieser zukünftig kaputt gehe, befürchtet Elternvertreterin Rost. Momentan sei das Verhältnis deutscher und nicht deutscher Kinder ausgewogen. Deutsche, aber auch türkische Eltern hätten bereits gedroht, ihre Kinder von der Schule zu nehmen, würde Islamunterricht angeboten.
An der Rudolf-Wissell-Schule ist man gelassener. „Wir wissen noch gar nichts“, sagte Schulleiter Wolfgang Gunkel. Die Schule, an der 80 Prozent der Schüler nicht deutscher Herkunftssprache sind, sei zwar von der Islamischen Föderation angeschrieben worden, doch persönlich habe es noch kein Gespräch gegeben. Gunkel kann sich jedoch auch nicht vorstellen, dass überhaupt genug Schüler zusammenkommen werden. „Die meisten sind religiös desinteressiert“, hat er beobachtet.
Einen Lehrer für den Unterricht gibt es bereits. Der 30-jährige Deutsche türkischer Herkunft hat in der Türkei studiert und dort auch gearbeitet. Derzeit ist er Betreuer für Behinderte an einer Berliner Schule.
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