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Professor der Jazzologie

■ Am Rande des international besetzten Jazz-Workshops der Hochschule für Künste wurde bekannt, dass der Bassist Detlev Beier zum HfK-Professor berufen wurde

Bremer Jazzfreunde kennen ihn schon lange. Der aus Lüneburg stammende Bassist Detlev Beier spielte in „Changes“, eine der frühen Bands des Trompeters Uli Beckerhoff. Der inzwischen international renommierte Bassist, der unter anderem mit Joachim Kühn, Michael Brecker, Lee Konitz und Michel Portal Musik machte, hatte jahrelang an der hiesigen Hochschule für Künste (HfK) einen Lehrauftrag und wurde nun dort zum Jazz-Professor berufen. Beier ist auch einer der Lehrer im gerade stattfindenden Jazz-Workshop der HfK, der mit dem Pianisten Richie Beirach, der Sängerin Norma Winstone, dem Saxophonisten Matthias Nadolny, dem Schlagzeuger Bruno Castelluci und eben Uli Beckerhoff hochkarätig besetzt ist. Mit der taz sprach Detlev Beier nun über seine Berufung zum HfK-Professor.

taz: Herr Beier, von einem gewissen Alter an scheinen deutsche Jazzmusiker eines gewissen Kalibers gerne ins akademische Lager zu wechseln. Jetzt ereilte Sie zusammen mit dem Saxophonisten Martin Classen von Bildungssenator Willi Lemke der Ruf zum Jazz-Dozenten in Bremen. Bisher war kaum bekannt, dass man in Bremen Jazz studieren kann.

Detlev Beier: Mein Ziel ist deshalb auch eine Vitalisierung dieses Studiengangs, und der Jazz-Workshop ist ein Schritt in diese Richtung. Diese Professorenstelle wird nicht etwa neu eingerichtet, sondern wurde lange von Harry Schmattke eingenommen, der vor einigen Jahren in Pension ging. Ich habe seit drei bis vier Jahren einen HfK-Lehrauftrag, und jetzt ist die Zahl der Dozenten komplett, so dass wir kompetent an Gitarre, Piano, Saxophon, Trompete, Bass Schlagzeug, Gesang und eventuell auch Posaune unterrichten können. Die Studentenzielzahl liegt bei 21, so dass wir intensiv lehren können.

Aber ist nicht auch bei Ihnen wie bei vielen anderen Jazzern das Spielen die Berufung und das Unterrichten der Brotjob?

Für mich war da nie dieser Widerspruch. Ich unterichtete schon, als ich selber noch Musik studiert habe, etwa jahrelang einen Jazzkurs in der Volkshochschule, bei dem das Handwerk von der Pieke auf gelehrt wurde. Natürlich gibt das in erster Linie einen finanziellen Rückhalt, aber mir macht es auch Spaß. Ich bin als Schüler aus Lüneburg selber hierher nach Bremen zu einem Jazzworkshop gepilgert und habe dort unter anderem Uli Beckerhoff kennengelernt. So gibt es einen Bogen von den Anfängen zu diesem Workshop.

Aber gibt es nicht auch einen Interessenwiderspruch, weil Sie sich als Jazzer bemühen, einen persönlichen Ton zu finden, aber die Gefahr besteht, dass aus Ihren Kursen lauter Bassisten sprießen, die sich anhören wie Detlev Beier?

Genau das ist ja das Problem bei den amerikanischen Jazzschulen – da hören sich plötzlich alle Saxophonisten gleich an. Aber bei meinem Instrument besteht diese Gefahr kaum, weil beim Kontrabass die Klangbildung extrem individuell ist. Ich versuche ja auch keinen Ton, sondern die Grundlagen im Business und am Instrument zu vermitteln, und dabei sind eine große Vielfalt und Anpassungsfähigkeit wichtig.

Die Lehrer dieses Workshops gehören alle zu einer Gruppe von Musikern, die als Lehrer und Spieler gefragt sind. Treffen Sie sich eigentlich öfter auf der Bühne oder in Lehrsälen?

Das ist ganz unterschiedlich. Mit Richie Beirach spiele ich öfter auf Konzerten zusammen, Norma oder Bruno kenne ich eigentlich nur von Workshops her. Aber das ist auch vom Instrument abhängig. Als Bassist habe ich, was die Engagements angeht, eine bessere Position als etwa ein Trompeter oder gar eine Sängerin, denn ein Bass wird in fast jeder Band gebraucht. Und wenn man sich wie ich langsam auch international einen Namen gemacht hat, dann klingelt halt auch das Telefon. Ich selber mache keine eigenen Konzerte, sondern werde immer angerufen.

Fragen: Wilfried Hippen

„Dozentensession“ heute, Samstag, 20 Uhr im HfK-Saal, Dechanatstraße 13/15

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