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„Peinlich sind nur Langweiler“

Der Chorleiter Gotthilf Fischer will, dass die Jugend auf der Love Parade Volkslieder singt – zu Techno-Rhythmen. Dafür stellt er sich heute mit wechselnden Hemden auf eine Hebebühne und dirigiert die Massen vor dem Brandenburger Tor

taz: Herr Fischer, mögen Sie Techno?

Gotthilf Fischer: Ja, ganz klar! Da ist Rhytmus dahinter. Da wachen die Leut auf und wissen, dass Musik schön ist.

Was haben Sie auf der Love Parade zu suchen?

Ich will die Jungen und die Alten zusammenbringen. Mir gefällt diese Kluft nicht: dass die Jungen für sich gehen und die Älteren auch. Da such ich einen Weg. Auf Techno-Musik hab ich deutsche Lieder draufgemacht. Zum Beispiel die „Berliner Luft“ oder der „gelbe Wagen“. Und dann geht es ab: Drrrndaadadadadaaaadannn . . . Hoch auf dem gel-ben Waaa-aagen . . .

Wie wird Ihr Auftritt genau aussehen?

Am Brandenburger Tor gibt’s einen großen Turm. Da steh ich drauf. Und wenn die vorbeimarschieren, spielen wir das ein. Ich werde versuchen die Leute zum Singen zu bringen. Und das wird uns auch gelingen. Hinter dem Brandenburger Tor werden alte klassische Trink- und Wanderlieder gesungen. Von dem Publikum, das deutsche Lieder mag. Ich mache also zwei Versionen: Einmal die klassischen Lieder und dann die Techno-Version.

Sind Ihre Chöre auch dabei?

Nein. Nur auf CD. Die Fischer-Chöre sind bereits auf der Chor-Olympiade in Linz.

Was werden Sie zur Love Parade anziehen?

Ganz zauberhafte Hemden. Das eine mit Tieren drauf, das andere ist ganz bewachsen mit Sonnenblumen. Alle eineinhalb Stunden ziehe ich ein neues Hemd an. Die Hemden sind von Sängerinnen der Chöre geschneidert. Wir haben einen Wettbewerb gemacht, wer kann das schönste Hemd zimmern.

Ist Ihnen irgendetwas peinlich?

Überhaupt nicht. Solange ich lebe, nicht. Peinlich sind nur Langweiler und solche, die am Jammern sind. Wenn die Leute wissen, wie kurz unser Leben ist, dann kann uns nichts mehr peinlich sein.

Wie wollen sie auf der Love Parade durchhalten?

Das ist doch kein Problem. Ich bin ein alter Sportsmann. Ich halt mehr durch als ein Junger. Es ist eine Sache der Kondition. Dann ruhig bleiben und sich freuen. Das klappt prima.

Die Jugend hört Techno. Sie kommen mit Volksliedern. Geht das gut?

Das geht gut. Da ist Sound drunter, im Stil der Techno. Oben drauf kommt rhytmisch „Hoch auf dem gelben Wagen“ und dann wrroauuwoauuuuuuh . . .

Und die Jugend mag so was?

Sicher. Ich hab das in der Disko in Stuttgart ausprobiert. Da war die Hölle los. Die Jungs haben getobt wie die Tiere.

Sie sind ja ein Star. Was ist Ihr Geheimnis?

Ach Gott, gar nichts. Mein Geheimnis ist einfach den Leuten zu sagen, erinnert euch wie kurz das Leben ist. Tut mal was! Wer singt und fröhlich ist, ist ein anderer Mensch, als wer nur rummeckert.

Wie geht’s nach der Love Parade weiter?

Da geht’s schnell in die Maschine nach Linz. Da warten einige tausend Sängerinnen im Dom. Ich dirigiere dort die Friedensmesse, die ich für den amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter und den Papst komponiert habe.INTERVIEW: KIRSTEN KÜPPERS

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