beschwerdeschau: Wenn Urlauber klagen
Wer seine heimische Umgebung verlässt und als Pauschalurlauber auf Reisen geht, der kann was erleben. Nicht nur Erbauliches. Aber nicht jeder Mangel am Urlaubsort ist justiziabel, und nicht jede eingereichte Klage hat Aussicht auf Erfolg. In unserer kleinen Beschwerde-Schau widmen wir uns dem Thema „Unsicherheit auf Reisen“.
Fall 1: Ein Mexiko-Besucher vermisste in seinem Hotel das Treppengeländer und zog gegen den Reiseveranstalter zu Felde. Vergebens. Der Richter wies seine Klage auf Preisminderung zurück: Deutsche Sicherheitsvorschriften hätten im Ausland keine Gültigkeit und Treppen ohne Handlauf entsprächen nun mal dem mexikanischen Standard. (Landgericht Frankfurt am Main, Az. 2/24 S 51/95)
Fall 2: Wer in England rechts fährt, handelt grob fahrlässig, auch wenn er bis zum Unfallort nur wenige Meter (ohne anderen Verkehr wahrgenommen zu haben) zurückgelegt hatte und sich erst zwei Tage in England aufhielt. Ein Anspruch auf Schadenersatz gegen die eigene Kaskoversicherung besteht nicht. (Landgericht Mainz, Az. 7 391/97)
Fall 3: Für schmerzhafte Ausrutscher in der Hotelbadewanne ist nicht der Wirt verantwortlich. Zubehör wie Antirutschmatte und Haltegriffe an der Wand gehören nicht zu den Sicherheitsstandards. Die Klage eines verunglückten Gastes wurde abgewiesen. (Amtsgericht Homburg, Az: 2 C 594/99)
Fall 4: Werden aus einem Hotelsafe Gegenstände entwendet, kann der Pauschalurlauber sich nicht am Veranstalter schadlos halten. Zwar muss ein Reiseunternehmen seine Verrtragshotels sorgfältig auswählen und überwachen, für den Panzerschrank und seinen Inhalt ist aber allein der Hotelier vor Ort zuständig. (Landgericht München, Az. 17 U 1581/99)
Fall 5: Piloten sind berechtigt, Passagiere notfalls auch mit (Polizei-)Gewalt aus der Maschine zu entfernen. So geschehen mit einer renitenten Frau auf dem Flughafen Palma de Mallorca. Sie zeigte sich höchst unwillig, beim Start angeschnallt und in einer aufrechten Position zu sitzen. „Aus gesundheitlichen Gründen“ hatte die Frau drei Plätze gebucht, um den Flug liegend absolvieren zu können. (Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Az. 12a C 255/97)
Fall 6: Nimmt ein Urlauberehepaar an einer Jeep-Safari teil und vertraut es auf die Fahrkünste eines Miturlaubers, so kann es von ihm keinen Schadenersatz verlangen, wenn jener falsches Schuhwerk getragen hat und deshalb zwischen den Pedalen hängen blieb. Vielmehr hätte das betroffene Ehepaar einen professionellen Beförderer engagieren müssen. (Oberlandesgericht Hamm, Az. 26 U 21/99)
Fall 7: Eine Portugal-Touristin war auf ihrer Hotelterrasse von einem Ziegenbock gerammt worden. Persönliches Pech, meinten die Richter und lehnten die Klage auf Erstattung des Reisepreises und Schmerzensgeld ab. Begründung: Ein solcher tierischer Zwischenfall stellt ein „ungewöhnliches Unfallrisiko“ dar, wofür der Veranstalter nicht haftbar gemacht werden kann. (Landgericht Frankfurt am Main, Az. 2/21 O 60/99)
GÜNTER ERMLICH
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