: Ein Kessel Grünes: „Angemessen und besonnen“
■ Polizei: Abgeordneten auf die Straße geknallt, IG Metall-Chef festgenommen
Am Anfang ist der Kessel. Drumherum mehrere hundert PolizistInnen, dick eingepackt in Schutzwesten und Arm- und Beinschoner, die aussehen, als seien sie bei Star Wars aus dem Kostümfundus entliehen. Drinnen 80 Leute, die gegen die Nazis demonstrieren wollen und fast eine Stunde eingeschlossen sind, bis sie abgeführt werden, per Polizeigriff, einige werden weggetragen, andere weggeschleift.
Während nebenan DemonstrantInnen – unter ihnen Elmshorns IG Metall-Chef Uwe Zabel – abgeführt werden, gibt Polizeisprecher Reinhard Fallak ein paar Meter weiter die ersten Fernseh-Interviews. Der Mann von Hamburg 1 hält ihm das Mikro unter die Nase und bittet vorweg: „Vielleicht können Sie ein Statement mit dem Tenor abgeben, dass die Polizei gar nichts gemacht hat.“ Fallak tut ihm den Gefallen.
Altonaer Balkon, Max-Brauer-Allee – überall Polizei. Nazis marschieren, gut abgeschirmt von einem Wall aus Schilden, Helmen und Uniformierten. Manche Polizisten haben auf dem Helm einen Aufkleber, auf dem das Wort Gewalt durchgestrichen ist. Der Regenbogen-Abgeordnete Norbert Hackbusch wird nach einem harmlosen Wortgefecht an der Absperrung von einem Polizisten am Hals gepackt, über die Barrikade gerissen und aufs Straßenpflaster geknallt. Das Ergebnis: Anzeige wegen Körperverletzung – für Hackbusch.
Als die Nazis auf der Palmaille marschieren wollen, stellen sich etwa 400 GegendemonstrantInnen in den Weg. Der Zug kann nicht weiter, 50 Leute setzen sich vor die Polizeiwand auf die Straße, ignorieren die Aufforderung, den Weg zu räumen. Die Blockierer rufen: „Umdrehen, umdrehen.“ Die Polizei dreht sich nicht um, sie rückt vor, Wasserwerfer kommen zum Einsatz, die Sitzblockierer werden klitschnass, bleiben aber hocken. Die Polizei versucht zwei, drei Blockierer im Schwitzkasten wegzuziehen, gibt dann nach und lenkt die Nazis durch die Königstraße um.
Hier wird es eng, von beiden Straßenseiten aus werden die Rechten beschimpft, Eier fliegen. Die Polizisten sind gereizt, Journalisten werden ruppig in Hauseingänge gedrückt. Als ein Mann einer vorstürmenden Polizeistampede nicht rechtzeitig ausweicht, stürzen sich vier Mann auf ihn und werfen ihn brachial auf den Boden. Der Mann ist ohne Besinnung, kommt erst langsam wieder zu sich. „Ach, der hyperventiliert nur“, winkt ein Beamter ab. Die Polizei meldet, es habe keine Verletzten gegeben.
Juso-Vorstand Gernot Wolter spricht von „brutalen Übergriffen der Polizei“, SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage dankt der Polizei für ihr „besonnenes und angemessenes Vorgehen“. Peter Ahrens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen