: Schröder will Neinsager sanft umstimmen
Die CDU-Chefin ist sauer: Der Kanzler will Länder, in denen die CDU mitregiert, belohnen, wenn sie am Freitag ihre Hand für die Steuerreform heben
BERLIN taz/dpa ■ Noch dürfen Konsens-Kanzler Gerhard Schröder und sein Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) träumen. Wenn es ihnen gelingt, schon am Freitag im Bundesrat eine Mehrheit für die Steuerreform zustande zu bringen, könnten sie mit einem großen Erfolg in die Sommerpause gehen. Doch dazu ist noch harte Überzeugungsarbeit bei einigen Ländern notwendig. CDU-Chefin Angela Merkel jedenfalls sagte nach der Präsidiumssitzung ihrer Partei, sie rechne fest mit einem Scheitern der Steuerreform im Bundesrat. Die Union will den Gesetzentwurf blockieren und der rot-grünen Koalition mit weiteren Änderungswünschen auf die Nerven gehen – bis zum Herbst. Dass die Steuerreform spätestens im September beschlossen wird, daran lassen auch Unionspolitiker kaum Zweifel. Zu stark ist der Druck aus der Wirtschaft, die eine rasche Einigung fordert.
Bei den Pokerspielchen zwischen Regierung und Opposition geht es lediglich um Details und um den richtigen Zeitpunkt. Inhaltlich sind Rot-Grün und Union nicht mehr weit auseinander. Die Regierung ist in vielen Bereichen auf die Union zugegangen, etwa bei der Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 43 Prozent – nur ein Prozent mehr, als die CDU fordert. Gestritten wird über Kleinigkeiten wie die Dividendenbesteuerung – eine Änderung, die nur relativ wenige Aktienbesitzer betrifft.
Voraussetzung für die Verzögerungstaktik der Union: Die Länder, in denen die CDU zusammen mit der SPD regiert, müssten sich der Stimme enthalten. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller appellierte gestern an das Verantwortungsgefühl der Union: Bei einem Scheitern der Steuerreform stehe die Schaffung von bis zu 500.000 Arbeitsplätzen auf dem Spiel.
Die Regierung will die wankelmütigen Landesregierungen offenbar auch mit handfesten Angeboten ins Boot holen. Zumindest die Bremer Union scheint nicht abgeneigt. Landeschef Bernd Neumann sagte, der SPD/CDU-Senat lote mit der Bundesregierung aus, welche Möglichkeiten es zur Unterstützung des hoch verschuldeten Bremen gebe: „Von dem Ergebnis machen wir unser Verhalten im Bundesrat abhängig.“ Auch Brandenburgs CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger deutete Verständigungsbereitschaft an. „Wir werden neue Verhandlungsangebote prüfen.“ CDU-Chefin Merkel ist hellhörig geworden. Sie warnte Schröder davor, den noch unentschiedenen Ländern die Reform durch Nebenangebote schmackhafter zu machen. LKW
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