piwik no script img

Massage-Gutschein für Frau Schöttler

50 Frauenprojekte protestieren gegen geplante Kürzungen: Die Projekte sind kein Luxus, sondern Notwendigkeit

Gabriele Schöttler (SPD) ist gestern reich beschenkt worden. Rund 300 Frauen überreichten ihr in der Frauenverwaltung kunstvoll verzierte Pappboxen, in denen sich Protestnoten befanden. „Ich schenke Frau Schöttler mein Gehalt von 1.800 Mark brutto“, hieß es auf einem Geschenk. Auf einem anderen: „Massage-Gutschein für eine Rückgratstabilisierung“. Die Frauen, Mitarbeiterinnen von Projekten und deren Besucherinnen, wollten damit gegen die geplanten Kürzungen bei Frauenprojekten protestieren.

Im Februar dieses Jahres wurde das sogenannte Haushaltssanierungsgesetz vom Abgeordnetenhaus beschlossen. Danach muss jede Senatsverwaltung allen Projekten, Vereinen und Institutionen, die Senatsgelder bekommen, drei Jahre hintereinander fünf Prozent der Mittel kürzen. Damit sollen 100 Millionen Mark eingespart werden.

Die Demonstrantinnen befürchten, dass die Kürzungen für viele Frauenprojekte das Aus bedeuten. So sei bereits signalisiert worden, dass Antigewalteinrichtungen und Bildungsträger weiter gefördert, kulturelle Projekte dagegen wenig Chancen hätten zu überleben. „Wir wollen uns nicht spalten lassen“, sagte eine Sprecherin des Berliner Frauennetzwerkes, in dem rund 50 Projekte organisiert sind. Alle Einrichtungen würden unverzichtbare Arbeit leisten. Frauenprojekte seien kein „Luxus“, sondern angesichts wachsender weiblicher Armut besonders bei erwerbslosen Frauen notwendig.

Ebenfalls bedroht sind die Zufluchtswohnungen von Wildwasser und dem Mädchenhaus. Die Einrichtungen werden im kommenden Jahr nicht mehr von der Jugendverwaltung finanziert. Den Lebensunterhalt für den ersten Monat, in dem ein Mädchen in der Wohnung lebt, wurde bisher von der Jugendverwaltung bezahlt. Danach lief die Finanzierung über den Pflegesatz in den Bezirken. Jetzt sollen die Bezirke ganz zahlen. Da dies aber wesentlich komplizierter und mit mehr behördlichem Aufwand verbunden ist, gehe der Charakter einer leicht erreichbaren Zufluchtswohnung verloren, kritisiert Eva Nicolai von Wildwasser.

JULIA NAUMANN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen