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PDS darf mit am großen Tisch sitzen

SPD erlaubt PDS, künftig an Rentenkonsensgesprächen teilnehmen zu dürfen. CDU will deswegen vielleicht nicht mehr zu den Rentenrunden erscheinen. Merkel warnt: Die Zukunft der Rentner dürfe nicht „der PDS anheim“ gegeben werden

von TINA STADLMAYER

Die SPD will die PDS zu den Rentenkonsensgesprächen einladen. Darauf einigten sich die Mitglieder des Parteipräsidiums gestern in Berlin. Generalsekretär Franz Müntefering forderte auch die Union auf, „nicht beleidigte Leberwurst zu spielen“ und am ersten Konsensgespräch nach der Sommerpause wieder teilzunehmen. Falls sich die Christdemokraten nicht mit den PDSlern an einen Tisch setzen wollten, könne es auch getrennte Gesprächsrunden geben.

Führende CDU-PolitkerInnen gaben sich gestern kompromissbereit. „Ich finde die Rentenreform viel zu wichtig, als dass man in den Geruch kommt, Blockadepolitik zu betreiben“ sagte Parteichefin Angela Merkel im Hessischen Rundfunk. Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Hans-Peter Repnik, rückte von der Drohung ab, die CDU werde sich keinesfalls an den Rentenkonsensgesprächen beteiligen, wenn die PDS mit am Tisch sitze. In dieser Frage sei „das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagte er. Die CDU werde über ihr weiteres Vorgehen entscheiden, sobald die Koalition ihren Gesetzentwurf für die Rentenreform vorgelegt habe.

Am Wochenende hatten führende Unions-Politiker mit dem endgültigen Rückzug aus den Rentengesprächen gedroht. CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz warf Bundeskanzler Schröder vor, er verkaufe die Rentner an die PDS. Er könne sich nicht vorstellen, dass „wir uns mit Herrn Gysi um den Tisch versammeln“. Auch Angela Merkel tönte, dass sie die Zukunft der Rentner nicht „der PDS anheim geben“ wolle. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christian Wulff warf Schröder vor, er habe sich über alle Absprachen hinweggesetzt und zeige, dass er an einem Konsens „zwischen den demokratischen Parteien“ kein Interesse habe.

Schröder hatte der PDS in den Verhandlungen über die Zustimmung der SPD/PDS-Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern zur Steuerreform versprochen, sie dürfe künftig bei den Rentenkonsensgesprächen dabei sein. Unabhängig davon hatte die Union bereits am Rentengespräch am vergangenen Mittwoch nicht teilgenommen. Angela Merkel begründete dies damit, dass sie keine befriedigende Antwort Schröders auf ihre Kritik an der geplanten Reform bekommen habe. Arbeitsminister Walter Riester drohte daraufhin: „Wir werden die Reform machen, ob mit oder ohne die Union.“ Er kündigte an, er werde während der Sommerpause bei den Gewerkschaften und Sozialverbänden für seine Reform werben.

Sollte die PDS tatsächlich an den nächsten Konsensgesprächen teilnehmen, stehen Walter Riester anstrengende Diskussionen ins Haus. Die PDS lässt in ihrem „Standpunkt zur Rentenreform 2000“, den sie gestern vorstellte, kein gutes Haar an seiner Reform. Die Rentenpläne richteten sich „gegen die Interessen von Millionen Menschen, die auf eine ausreichende soziale Alterssicherung angewiesen“ seien, und kämen nur denjenigen zugute, „die aufgrund ihrer materiellen Lage aus der gesellschaftlichen Solidargemeinschaft aussteigen wollen“.

Die PDS lehnt die geplante Senkung des Rentenniveaus und die Förderung der Privatvorsorge ab. Stattdessen will sie – wie Teile der Gewerkschaften und die Linken in der SPD und bei den Grünen – dass auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen sollen. Schrittweise soll die allgemeine Versicherungspflicht für „jeden Einwohner/jede Einwohnerin“ gelten. Die Beitragsbemessungsgrenze soll so angehoben werden, dass auch sehr gut Verdienende in die Rentenkasse einzahlen müssen. Ihre Leistungsansprüche sollen aber „zur Stärkung der Solidarität zwischen hohen und niedrigen Einkommen“ begrenzt werden.

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