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„Pastrana ist der Präsident“

Der kolumbianische Staatspräsident Andrés Pastrana über den weltweiten Drogenhandel, die Guerilla und die Frage, wer eigentlich im Land regiert

taz: Herr Pastrana, was würde aus Kolumbien ohne US-Hilfe werden?

Andrés Pastrana: Ich würde nicht fragen, was würde aus Kolumbien. Die Drogen aus kolumbianischem Anbau gehen ja nicht nur in die USA, sondern auch die Länder Europas bekommen allmählich ein Drogenproblem. Es gibt dort eine sehr große Nachfrage. Der Drogenhandel ist das größte Geschäft weltweit. Daher muss die Frage lauten: Was geschieht mit dem Drogenhandel und wie können wir unsere Kräfte bündeln, um diesen gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Dafür suchen wir nicht nur die Hilfe der USA, sondern auch die Unterstützung Europas und Asiens. Und genau deswegen haben wir den Plan Colombia vorgestellt. Dieser Plan ist kein Plan, der nur Kolumbien und die USA etwas angeht, sondern ein Plan für die internationale Gemeinschaft zur Bekämpfung des Drogenhandels. Mit den USA haben wir bereits eine Einigung erzielt. Sie sind bereit, ein Hilfspaket in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar zu schnüren. Und auch in der EU suchen wir Geldgeber.

Vom Plan Colombia einmal abgesehen, wer regiert eigentlich in Kolumbien?

Das ist ganz klar: Präsident Pastrana. Solange in Kolumbien Andrés Pastrana Präsident ist, wird es keine direkte Intervention der USA geben. Wir haben seit vielen Jahren Tote zu beklagen im Kampf gegen den Drogenhandel: die besten Journalisten, die besten Soldaten, die besten Politiker. Heute ist die Hilfe der USA im Kampf gegen den Drogenhandel so wichtig wie die vieler anderer Länder.

Die Militärhilfe der USA macht davon aber einen ganz schönen Batzen aus ...

Das ist keine Militärhilfe. Das ist Hilfe gegen den Drogenhandel.

Immerhin werden zwei Anti-Drogen-Bataillone von den USA trainiert und ausgerüstet. Und 80 Prozent der US-Hilfe gehen an das Militär.

Die US-Hilfe geht nur in den Kampf gegen Drogen.

Aus dem Militär kommen aber Stimmen, die sagen, dass Sie dank der US-Hilfe jetzt der Farc-Guerilla den Todesstoß versetzen können.

Das stimmt nicht. Wir kaufen – mit Geld aus unserem eigenen Etat –15 artilleriegestütze Black-Hawk-Hubschrauber, mit denen wir die Guerilla bekämpfen. Die US-Hilfe hingegen geht nur in die Anti-Drogen-Bataillone. Die haben wir ja gegründet, damit der Rest der Armee gegen die Guerilla vorgehen kann.

Folglich ist die Farc auch keine Drogenguerilla?

Ich habe nie gesagt, dass sie das ist. Die Farc lebt vom Drogenhandel: Sie kassiert Steuern, bewacht Koka-Felder, nimmt eine Drogenexportsteuer. Aber wir haben keinen Beweis dafür, dass sie als Drogenkartell arbeitet.

Als Sie Präsident wurden, haben sie den Frieden versprochen. Bis heute haben Sie recht wenig in der Hand. Die Entführungen gehen weiter, die Angriffe gehen weiter. Was ist Ihr Konzept für den Frieden?

Vergleichen Sie doch bitte mal den Friedensprozess in Kolumbien mit dem in Nordirland, mit dem zwischen Israel und den Palästinensern. Und vergleichen Sie das, was in Kolumbien geschieht, mit den Friedensprozessen in El Salvador und Guatemala. Wir haben hier seit 40 Jahren Bürgerkrieg. In weniger als einem Jahr hat sich die Farc dazu entschlossen zu verhandeln. Heute haben wir eine Tagesordnung mit zwölf Punkten. Ich finde, dass der Friedensprozess schon ganz ordentlich vorangekommen ist.

Was für ein Interesse kann die Farc an einem Friedensschluss haben?

Das müssen Sie die Farc fragen. Ich glaube, sie wollen den Frieden, weil sie einen Platz in der politischen Landschaft suchen. Und es gibt diesen Platz: Die Linke hat in Kolumbien immer um die zehn Prozent der Stimmen geholt. Die Farc will zeigen, dass sie keine Drogenguerilla ist. Sie will sich politisch beteiligen.

Gibt Ihnen das Beispiel El Salvador nicht zu denken? Während des Krieges zahlten die USA pro Tag eine Million Dollar in die Kriegskasse der Regierung. Nach dem Frieden blieb das Land sich selbst überlassen.

Deswegen haben wir ja gerade den Plan Colombia aus der Taufe gehoben. Darin sind Programme für die Infrastruktur, die Erziehung, Gesundheit enthalten, damit wir in die Sektoren vordringen, wo der Staat bislang keine Präsenz gezeigt hat.

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