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Italiens Wirtschaft: Ausländer rein!

Die Quoten für Arbeitskräfte aus dem Ausland sind den Unternehmen im reichen Nordosten viel zu niedrig

ROM taz ■ „Wenn sich nicht bald was tut, müssen wir die Arbeitsplätze eben ins Ausland verlagern.“ Luigi Rossi Luciani, Präsident des Industriellenverbands Venetiens, regt sich diesmal nicht über angeblich zu hohe Löhne und Sozialbeiträge auf. Ihm geht anderes gegen den Strich: der chronische Arbeitskräftemangel in seiner Region – und die Tatsache, dass die Regierung zu niedrige Einwanderungsquoten bewilligt hat, um gegen das Problem anzugehen.

Luciani steht mit seiner Klage nicht allein. Vor allem im reichen Nordosten Italiens – dort herrscht faktisch Vollbeschäftigung – fordern die Firmen lautstark mehr Immigranten. Die Industriellen der Provinz Udine zum Beispiel wünschten Anfang des Jahres 5.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland; zugeteilt bekamen sie nur 1.000. Ähnlich angespannt ist die Lage rund um Vicenza, wo heute schon 10 Prozent der Beschäftigten in der Industrie aus Afrika, Asien, Osteuropa stammen. Vor allem in körperlich anstrengenden Berufen geht es nicht mehr ohne die Ausländer, die dort rund ein Drittel der Neueinstellungen ausmachen.

Zwar sieht das 1998 verabschiedete Einwanderungsgesetz für dieses Jahr eine Quote von 63.000 Neuankömmlingen vor, aber diese Quote ist zur Jahresmitte schon fast erschöpft. Der Alarmruf der Chefs löste nun auch bei der Regierungskoalition einen Kursschwenk aus. Plötzlich sind sich alle einig, dass die ins Land Drängenden „eine Ressource für Italien“ sind, ja dass „die Einwanderungszahlen in Zukunft verdreifacht werden müssen,“ wie Senatspräsident Nicola Mancino formulierte.

Den Worten sollen Taten folgen: Am Dienstag trat eine interministerielle Arbeitsgruppe zusammen, um die Aufstockung der Quote noch für das laufende Jahr zu diskutieren; von den Unternehmen liegen schon jetzt 41.000 Anfragen für weitere ausländische Arbeitskräfte vor. Nach der Sitzung der Arbeitsgruppe gab Innenminister Enzo Bianco zwar bekannt, die Quotenaufstockung erfolge erst, wenn geprüft sei, dass der Arbeitskräftebedarf nicht durch Süditaliener zu decken sei. Doch einmal abgesehen von dem Unterfangen, der nicht gerade ausländerfreundlichen Rechtsopposition den Wind aus den Segeln zu nehmen, ist dieser Prüfauftrag an die Ministerialbürokratien einigermaßen überflüssig. Auch wenn die Arbeitslosigkeit im Mezzogiorno bei 20 Prozent liegt, macht sich seit Jahren so gut wie niemand von dort nach Venetien oder in die Lombardei auf – zu niedrig sind die Löhne, zu hoch die Mieten und die Lebenshaltungskosten.

Das Resultat des Prüfberichts steht deshalb heute schon fest: Nicht aus dem Süden des Landes, sondern aus dem Süden der Welt werden in Zukunft die in Norditalien fehlenden Arbeitskräfte kommen. MICHAEL BRAUN

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