: Handzahme Tröster
■ Mondo culturale 2: Boygroups als Balsam gegen die Einsamkeit der Fans
Nachdem das von der Musikindustrie inszenierte positive Image von Boygroups durch Trennungen und die Beichten ehemaliger Boygroup-Mitglieder an Glaubwürdigkeit einbüßte, wurde ein Popularitätsverlust dieser Bands erwartet. „Boy-Bands in der Krise“ titelte Popcorn, und auch die Bravo fragte die Leser, ob die Zeit der sauberen Traumboys vorbei sei.
Eine Frage, die sich schnell von allein beantwortete, denn auch im Jahr 2000 sind Boygroups in den Hitparaden präsent. Am beliebtes-ten sind nach wie vor die amerikanischen Backstreet Boys. Aber auch europäische Bands, wie die irische Westlife oder Five aus England, möchten nachrücken.
Für eine Boygroup-Schwärmerei gibt es viele Motive. Oft erfüllt eine Boygroup eine wichtige Funktion bei der Identitätssuche. Bewundert wird dabei nicht nur das Gesangstalent, sondern auch der Status des Stars. Durch die Lektüre von Jugendzeitschriften nimmt der Fan teil an den Erfolgen der Band.
Hieran wird deutlich, wie sich die Bereiche, aus denen die Vorbilder stammen, verschoben haben. Viel stärker als noch vor 20 Jahren suchen sich heutige Jugendliche als Idole fast ausschließlich Musiker aus der Jugendkultur. Das liegt zum großen Teil daran, dass Popmusiker noch nie visuell so präsent waren wie heute. Außerdem geben Boygroups den Mädchen ein Gefühl des Dazugehörens, das sie in der Familie oft vermissen. So beklagen sich viele Mädchen über einen Mangel an Gesprächen im Elternhaus. Hier übernehmen die Boygroups eine soziale Funktion. Dies liegt auch an der Art, wie Boygroups! in den Jugendzeitschriften präsentiert werden. Durch die Darstellung der Bandmitglieder als gute Freunde sollen den Fans Werte wie Zusammenhalt und Vertrauen vermittelt werden.
Zu diesem Ergebnis kommt John Hauk, Autor des Buches Boygroups!, für das über 500 weibliche Fans befragt wurden. Neben den Problemen, die sich aus der Zuneigung zu einem Popstar ergeben, berichten die Mädchen auch über die Kraft, die sie aus dem Fansein ziehen. Dadurch entsteht ein authentisches Bild dieser Fanszene, das nur wenig mit der sonst damit in Zusammenhang gebrachten Naivität Mavin Müller
John Hauk: Boygroups! Teenager, Tränen, Träume, 430 Seiten, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. 39,80 Mark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen