: Eine Utopie zwischen allen Stühlen
taz-Serie „Zwischenzeiten“: Im Sommer 1990 suchte die Initiative Zasilo nach einer linken Politik zwischen Grünen, PDS und Bürgerbewegung
Der Sommer 1990 war für die Linke in Ost und West eine Zeit zwischen Aufbruch und Resignation, eine „Zwischenzeit“. Mit dem Mauerfall, für die Ostler ein Zeichen der Neubeginns, war die Westlinke in eine Krise gestürzt. Für einen Teil von ihr aber bot die Auseinandersetzung mit der DDR-Bürgerbewegung die Chance für etwas Neues. Nach der Volkskammerwahl im März und der Währungsunion am 1. Juli war vielen der Bürgerbewegten klar, dass ihre Vorstellungen von der Zukunft der DDR nicht verwirklicht würden. Die Wiedervereinigung am 3. Oktober stand an, für den 2. Dezember waren Wahlen zum Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus angesetzt. Grüne/West und PDS/Ost wollten die Bürgerbewegten auf ihre Seite ziehen.
In dieser „Zwischenzeit“ suchten Linke in Ost und West nach neuer Orientierung. In unterschiedlichen Konstellationen debattierte man die politische Situation. So enstand im Frühjahr 1990 der „Husemannstraßenkreis“. In der gleichnamigen Straße in Prenzlauer Berg trafen sich Bürgerbewegte aus dem Neuen Forum, der Vereinigten Linken (VL), der Ost-Grünen und des Unabhängigen Frauenverband (UFV), Mitglieder der PDS, der West-Grünen und der Alternativen Liste (AL) aus Westberlin. Hier entstand die Idee, mit einer gemeinsamen Personenliste (Bärbel Bohley, Petra Kelly, Gregor Gysi und Jens Reich) zur Bundestagswahl anzutreten. Auch war für Herbst 1990 eine Oppositionskonferenz geplant. Ein Teil des Kreises traf sich ab Herbst 1990 auch im Haus der Demokratie. Unter dem Namen „Zasilo“ (Zwischen allen Stühlen. Initiative für eine linke Opposition) wollten sie mit Blick auf die Wahlen, in das Organisations- und Parteiengeschehen eingreifen. Bezugsgröße war die PDS.
Zehn Jahre später fragte die taz Mitstreiter beider Kreise, was aus ihren Ideen und Projekten wurde. SABINE AM ORDE
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