: Drohung per Telefon
Nach dem Attentat in Düsseldorf: Terrordrohung im Polizeipräsidium Potsdam ging vom Privatanschluss eines Berliner Polizisten aus
BERLIN taz ■ Während immer noch unklar ist, wer hinter dem Bombenanschlag in Düsseldorf steckt, beschäftigt sich jetzt auch die Staatsanwaltschaft in Potsdam – auf indirekte Art – mit dem Fall. Der Grund: Wenige Stunden nach dem Anschlag am Donnerstag, bei dem neun Kontingentflüchlinge verletzt wurden, ging beim Potsdamer Polizeipräsidium ein Drohanruf ein. Der Anrufer kündigte an, dass es in Berlin Tote geben werde „wie im September 1980“. Damit könnte der Anschlag eines Neonazis beim Oktoberfest in München gemeint sein, als durch eine Splitterbombe 13 Menschen starben. Weil auf dem Telefondisplay die Nummer des Anrufers aufleuchtete, konnte der Inhaber des Anschlusses – ein in Brandenburg lebender Berliner Polizist – ausfindig gemacht werden.
Die Potsdamer Polizei bestätigte gestern einen Artikel des Tagesspiegel, in dem es hieß, dass der Anruf wahrscheinlich auf ein Diktiergerät gesprochen und mit verlangsamter Geschwindigkeit abgespielt wurde. Das Präsidium konnte die um 22.50 Uhr eingegangene Drohung schnell entzerren. Wegen der zeitlichen Nähe hält die Potsdamer Polizei einen Zusammenhang mit der Düsseldorfer Explosion für wahrscheinlich.
Der 30-jährige Polizist, der einer Berliner Einsatzhundertschaft angehört, bestritt bei seiner Vernehmung am Freitag vehement, den Anruf geführt zu haben. Er gab an, dass jemand seinen Anschluss manipuliert haben müsse. Die Berliner Polizei konnte gestern nicht sagen, ob der Beamte vom Dienst suspendiert wurde. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat ein Ermittlungsverfahren wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat eingeleitet.
Ein Sprecher des Potsdamer Polizeipräsidiums sagte gestern gegenüber der taz, dass im Präsidium jeden Monat etwa 200 Bombendrohungen eingingen, die jedoch so konfus und ungenau seien, dass sie „abgelegt werden“. Meistens handle es sich um Kinder oder Jugendliche. Doch der Anruf vom Donnerstag sei „ernst zu nehmen“, weil es sich um den Anschluss eines Beamten handle und ein rechtsradikaler Hintergrund zu vermuten sei.
Der Tagesspiegel berichtete gestern von einem weiteren Drohanruf, der im Bundeskanzleramt einging. Eine weibliche Stimme, die hysterisch geklungen habe, habe angekündigt, das Amt in die Luft zu jagen. Weil der Anruf nicht aufgezeichnet wurde, wird es schwierig sein, die Täterin, die in der Region Berlin-Brandenburg vermutet wird, zu ermitteln. Die Staatanwaltschaft Düsseldorf hat den Fall übernommen, weil die Frau den Anschlag in Düsseldorf erwähnt hat.
B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA
inland SEITE 6
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen