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Dümmer, als die Polizei erlaubt

Der Polizist, der mit Anschlägen gedroht haben soll, wurde vorläufig suspendiert. In seiner Wohnung wurden Munition, rechtslastige Tonträger und ein Diktiergerät gefunden. Telekom: Manipulation eines ISDN-Anschlusses unwahrscheinlich

von PLUTONIA PLARRE

Der Berliner Polizist, der im Verdacht steht, telefonisch einen Anschlag angekündigt zu haben, darf seinen Beruf bis auf weiteres nicht mehr ausüben. Er behauptet zwar, an seinem Telefon sei manipuliert worden und er habe den Anruf nicht selbst getätigt. Doch er konnte den Verdacht nicht ausräumen, tatsächlich von seinem Apparat aus telefoniert zu haben. Eine Stimmenanalyse soll nun Klarheit bringen. Die Telekom hält zudem Manipulationen an einem ISDN-Anschluss für unwahrscheinlich. Die Polizeiführung begründet die vorläufige Amtsenthebung mit den schweren Vorwürfen, die die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen den Beamten erhebt. Der Angehörige einer geschlossenen Einheit der Bereitschaftspolizei soll am Donnerstag wenige Stunden nach dem Bombenanschlag in Düsseldorf beim Potsdamer Polizeipräsidium angerufen haben. Unter Verweis auf das Münchner Oktoberfest-Attentat im September 1980 soll der Polizeibeamte „weitere Tote“ in Berlin angekündigt haben.

Der in Potsdam-Mittelmark wohnende Beamte bestreitet die Tat. Auf seine Spur waren die Fahnder gekommen, weil das Display der Telefonanlage im Potsdamer Polizeipräsidium die Nummer des Telefonanschlusses des Beamten anzeigt hatte. Der Anruf ging am Donnerstag gegen 22.50 Uhr ein. Kurz nach Mitternacht durchsuchte ein Spezialkommando das Haus des Polizisten. Beschlagnahmt wurden ein Tonträger mit Stücken von der ehemals rechtslastigen Band „Böse Onkelz“ sowie mehrere Dutzend Patronen. Ein Polizist darf seine Pistole und Patronen zwar zu Hause haben, aber nicht mehr als ingesamt 16 Schuss Munition.

Bei einer zweiten Durchsuchung am Freitagnachmittag fand die Kripo schließlich ein Diktiergerät, mit dem der Beamte die Drohung hätte aufzeichnen und die Stimme beim Abspielen verzerren können. Die Kassette des Geräts fand die Kripo nicht. Zwischen den Durchsuchungen hätte der Beamte auch genug Zeit gehabt, das Corpus Delicti verschwinden zu lassen.

Nicht bestätigen wollte eine Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft Presseberichte, wonach der Beschuldigte einen ISDN-Telefonanschluss hat. Die Manipulation eines ISDN-Anschlusses sei mit normalen Mitteln nicht möglich, erklärte der Sprecher der Telekom-Zentrale in Bonn, Walter Genz. „Das machen nur Geheimdienstexperten, das kostet Millionen.“

Der Bundesverband Kritischer Polizisten hat gestern eine „zunehmend latente Ausländerfeindlichkeit“ unter Polizisten festgestellt. Die Anzahl der Polizisten, die im Dienst durch rechtsradikale Äußerungen auffielen, sei gestiegen, erklärte die Sprecherin des Verbandes, Bianca Müller.

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