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Premiere für die Green Card

Indonesier aus Aachen erhält erstes Dokument aus der Hand des Bundesarbeitsministers. Riester setzt auf verstärkte Werbung im Ausland. Nachfrage aus Pakistan ist am größten. Deutschland kommt erst nach den englischsprachigen Ländern

aus Nürnberg BERND SIEGLER

Der erste „Inder“ kommt aus Indonesien, die Green Card ist auch nicht grün, sondern ein schmuckloses DIN-A4-Formular mit einem blauen Stempel, und der erste Kartenbesitzer wurde zudem für die boomende Informationstechnologie(IT)-Branche nicht eigens aus dem fernen Ausland geholt, sondern studierte bereits in Deutschland. Die Green Card, eine Mogelpackung? Dagegen verwahrte sich vehement Bundesarbeitsminister Walter Riester. Bei der Überreichung der ersten Green Card an den indonesischen Staatsbürger Harianto Wijaya in den Räumen der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit bezeichnete er die Green Card als „wichtigen Impuls für unser Land“. „Etwas Besseres kann sich der Standort Deutschland gar nicht wünschen.“

Mit dem ab heute geltenden Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftemangels können bis zu 20.000 Computer-Spezialisten aus Nicht-EU-Staaten in Deutschland eine Green Card erhalten. Voraussetzung dafür ist ein entsprechender Hochschul- oder Fachhochschulabschluss oder der Nachweis über eine Gehaltsvereinbarung von mindestens 100.000 DM brutto im Jahr. Die Green Card beinhaltet eine Arbeitserlaubnis für fünf Jahre. Sind die ersten 10.000 IT-Experten im Land, wollen die Bundesregierung und die Tarifpartner prüfen, ob die Ausweitung auf 20.000 sinnvoll ist.

Mit der Regelung wollte die Bundesregierung, so Riester gestern in Nürnberg, „so effizient, qualifiziert und unbürokratisch wie möglich“ auf den auf etwa 70.000 Computer-Experten bezifferten Fachkräftemangel in der IT-Branche reagieren. Bislang hält sich der Andrang aus den Nicht-EU-Staaten jedoch in Grenzen. Etwa 18.000 Fachkräfte haben ihr Interesse bekundet, auf der Homepage der Arbeitsverwaltung liegen erst knapp 5.500 konkrete Bewerbungen vor. Mit neun Prozent führt dabei Pakistan die Liste der Herkunftsländer an. Die viel zitierten Inder – mit diesem Slogan „Inder statt Kinder“ hatte die nordrhein-westfälische CDU gegen die Green Card Stimmung gemacht – liegen mit acht Prozent gleichauf mit den Bulgaren, gefolgt von weiteren Osteuropäern.

Die Experten der Informationstechnologie bevorzugen in erster Linie die USA, dann die englischsprachigen Länder. Dann erst folgt Deutschland. Um das Interesse auf Deutschland zu richten, will Arbeitsminister Riester nun im Ausland klarmachen, dass hier „weltweit ein exzellenter Platz für Experten der IT-Branche“ sei. Nirgendwo sonst gebe es einen „so hohen Standard und eine so hohe Dichte von Anwenderindustrien und Betrieben der Informations- und Kommunkationstechnologie“.

Dem 25-jährigen, im indonesischen Medan geborenen Harianto Wijaya brauchte Riester das nicht klarzumachen. Der erste Green-Card-Besitzer in der Bundesrepublik schloss in nur neun Semestern sein Informatikstudium an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen mit der Traumnote 1,0 ab.

Von der Prüfung weg wurde er von dem Aachener Mobilfunkunternehmen AixCom, einer Ausgründung des TH-Lehrstuhls für Kommunikationsnetze, als IT-Experte angefordert. „Ich bin total glücklich“, bekundete Wijaya sichtlich eingeschüchtert von dem großen Medieninteresse. AixCom-Geschäftsführer Martin Steppler war da redseliger. Er hält Wijaya für einen „Lottogewinn“. Sein Fachwissen ermöglicht dem jungen Unternehmen, das Forschungsergebnisse des Lehrstuhls zur Marktreife entwickeln will, ein Projekt im Bereich der drahtlosen Bürokommunikation als Zugangsnetz für UMTS durchzuführen.

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