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Wer Ausländer beleidigt, fliegt raus

Bundesverband der Deutschen Industrie sorgt sich um das Image im Ausland. Er ermutigt seine Mitgliedsbetriebe, Mitarbeitern zu kündigen, die rechtsextreme Sprüche klopfen. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel will eine „große Koalition gegen rechts“

von ANNETTE ROGALLA

Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen sich im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht allein auf staatliche Maßnahmen verlassen. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel plädierte gestern für eine „große Koalition gegen rechts“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ermutigte seine Mitgliedsunternehmen, „auffällig“ gewordenen rechtsradikalen Mitarbeitern zu kündigen. Entlassungen sollten die Firmen notfalls vor Gericht durchkämpfen.

Der BDI rufe jedoch nicht nach neuen Gesetzen oder einer Strafverschärfung. „Was wir an rechtlichen Instrumenten haben, ist sehr geeignet“, sagte ein Sprecher. Vielmehr gehe es um eine Schärfung des Bewusstseins: „Wir halten das Problem für so gravierend, dass man die Unternehmen auch wachrütteln muss.“ Diese könnten Mitarbeiter, die wegen einer rechtsextremen Tat straffällig geworden seien, problemlos feuern. Bei Mitarbeitern, die etwa durch rechtsradikale Sprüche auffallen, sei eine sofortige Kündigung machbar, wenn die Firma einen „hohen internationalen Mitarbeiterstamm“ habe. In weniger gravierenden Fällen müsse der Arbeitgeber vor einem solch einschneidenden Schritt eine Abmahnung aussprechen, so der Sprecher.

Gegen Rechts müsse „null Toleranz“ gelten, verlangt IG-Metall-Chef Klaus Zwickel. In jedem Dorf und jeder Stadt müsse es eine Bürgerkette gegen Rechtsextremisten geben.

Der BDI fürchtet, dass die Bundesrepublik im Ausland zusehens an Reputation verliert. Deswegen sollte auf Betriebsversammlungen über das Thema Rechtsradikalismus gesprochen werden. Die Arbeitgeber empfehlen mittlerweise sogar Betriebsvereinbarungen mit Verhaltenskodexen.

Im vergangenen Jahr zählte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bereits ein Dutzend solcher Abmachungen. Beim Autokonzern VW werden Manager darin geschult, rechtsextremes Verhalten bei Mitarbeitern zu erkennen. Wer sich von seinen Kollegen diskriminiert fühlt, kann eine interne Hotline anrufen und um Hilfe bitten.

Der mutmaßliche Angreifer muss sich seinem Vorgesetzten gegenüber erklären. Ihm droht eine Belehrung oder gar eine Abmahnung. Wer Propagandamaterial einer rechtsextremen Partei verteilt, werde abgemahnt und im Wiederholungsfalle sofort gekündigt, sagt Volker Roßbach vom DGB. Mancherorts können laut gewordene Rechte auch mit einer Geldstrafe betriebsintern bestraft werden. Solche Sanktionen sind möglich, weil dem Betriebsverfassungsgesetz eine besondere juristische Bedeutung zugemessen wird.

Gewerkschaften und Arbeitgeber können sich bei den Betriebsvereinbarungen auf einen Beschluss auf europäischer Ebene berufen. Vor fünf Jahren hatten ihre Spitzenorganisationen einen Handlungskatalog beschlossen. Auf der Grundlage dieser„Florenzer Erklärung“ soll Ausländerdiskriminierung im Arbeitsleben bekämpft werden.

Der DGB weiß, wie notwendig Aktivitäten gegen Rechtsextremisten sind. Umfragen zufolge tendieren Gewerkschaftsmitglieder eher dazu, rechtsextreme Parteien zu wählen, als nicht organisierte Wähler. Während sich 8 Prozent aller Wahlberechtigten vorstellen können, ihr Kreuz rechts zu machen, sind es bei Gewerkschaftsmitgliedern immerhin 11 Prozent.

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