Kommentar: Atomarer Darwinismus
■ Warum die HEW nicht länger am Katzentisch sitzen wollen
An den HEW kommt so bald niemand mehr vorbei, auch nicht der Kanzler. In rasantem Tempo vollzieht sich der Aufstieg der Atomstromer aus der City Nord vom halbstadtstaatlichen Lokallieferanten zum deutschen Energie-Großkonzern.
An den Berliner Verhandlungen über einen Atomausstiegs-Kompromiss hatte die Nummer sieben unter den Stromkonzernen der Republik gar nicht erst teilnehmen dürfen; eine Missachtung durch Gerhard Schröder, über die HEW-Chef Manfred Timm sich kürzlich noch wortreich beklagte. Der Mann sitzt nicht gern am Katzentisch.
Doch nicht allein das Buhlen um Anerkennung ist die Triebfeder für die derzeitige Expansion der HEW. Dazu ist der Diplom-Ingenieur ein zu kühler Stratege. Er hat sich lediglich ohne Zaudern den neuen und sich permanent wandelnden Bedingungen im harten Konkurrenzkampf auf dem liberalisierten Energiemarkt Europas gestellt. Die Konsequenz, die sie aus dem Stromonopoly zogen, ist atomarer Darwinismus pur: Stärke durch Größe.
Da passt es gut, einen finanzstarken Partner im Rücken zu haben. Der schwedische Staatsmulti Vattenfall, der die HEW als Sprungbrett auf den Kontinent betrachtet, ist in wenigen Monaten vom ungeliebten Teilhaber zum Garanten der eigenen Existenz geworden. Mit dem früheren Großeigentümer Hamburg war das Leben zwar leichter für die HEW, mit Hilfe der wachstumsfixierten Schweden aber verspricht daraus ein lukratives Überleben zu werden.
Gerade Timm frisst lieber, als dass er sich fressen lässt.
Sven-Michael Veit
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