: Nach der blauen Lagune
Nie mehr Strähnchen: Trotz ihrer „Bravo“-Vergangenheit ist Brooke Shields erwachsen geworden. In „Black and White“ spielt sie eine Dokumentarfilmerin mit Rastalocken
Vor allem, was Frauenkörper angeht, wird in Hollywood hemmungslos gepusht, geschnibbelt, gedoubelt, modelliert und moduliert. Manchmal geht es aber auch darum, das Entscheidende zu verbergen, und dann heißt das Zauberwort ganz schnöde Klebstoff. So wie Madonnas boobs in „Dick Tracy“ am Kleiderstoff festgeklebt wurden, um bei dramatischen Gesten nicht aus dem Ausschnitt zu purzeln, wurden Brooke Shields im Lost-Paradise-Schmonzes „Die blaue Lagune“ die langen Haarsträhnen über die Brüste drapiert und fixiert. Zum Pin-up weichzeichnerischer Erotik und Ikone sehnsuchtsvollen Schmachtens avancierte sie mit derart demonstrativer Unschuld natürlich erst recht.
Den Akt der full frontal nudity hatte Shields ohnehin schon vorher absolviert: 1977, als 12-jähriges Nüttchen in ihrem Kinodebüt „Pretty Baby“ von Louis Malle. Dafür, dass sie so lange auf Nymphen abonniert war und den Großteil ihres Lebens im Blitzlichtgewitter verbracht hat – vom ersten Modeljob mit elf Monaten über ihren Abschluss in französischer Literatur an der Elite-Uni Princeton bis zur Scheidung von Tennis-Star Andre Agassi vor gut einem Jahr –, blieb Brooke Shields verhältnismäßig bodenständig und unaffektiert.
Allein die Erfahrung, dass mit den Lolita-Rollen auch der Ruhm schwand, blieb ihr nicht erspart. Nachdem ihre relativ erfolgreiche Sitcom „Suddenly Susan“ nach vier Jahren (und dem Selbstmord ihres Co-Stars David Strickland) eingestellt wurde, ist Brooke nun ins Kino zurückgekehrt: Nach ihrem Kurzauftritt als genervte Kettenraucherin in „Der Junggeselle“ spielt die inzwischen 35-Jährige nun in James Tobacks HipHop-Film „Black and White“ eine rastalockige Dokumentarfilmerin.
Anfang der Achtzigerjahre schien sie auch im schlüpfrigen Ambiente von Lotterpuffs immer noch einen unzerstörbaren Kern der Unschuld zu bewahren. Heute wirkt sie auf der Leinwand wie ein sympathisches Ex-Callgirl, das irgendwie doch den Weg ins „normale“ Leben geschafft hat. Letztlich trägt Brooke ja auch unser aller Bravo-Vergangenheit mit sich herum. ANETTE KILZER
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