: Wrocklages Beitrag
Innenbehörde verbietet „Hamburger Sturm“. Polizei durchsucht Wohnung von Neonazi und beschlagnahmt Beweise ■ Von Peter Müller und Andreas Speit
Um sieben Uhr früh gestern morgen war Schluss: Die Polizei übergab dem „Hamburger Sturm“ die Verbotsverfügung. Die führenden Köpfe Torben Klebe, Jan Steffen Holthusen, Thorsten Bärtels und Andreas Heine bekamen sie persönlich nach Hause geliefert. Bei einer Hausdurchsuchung in Klebes Wohnung stellte die Polizei zudem umfangreiches Beweismaterial sicher – darunter Plakate zu einer Kampagne für Rudolf Heß, die noch in der Nacht zuvor in Hamburgs Westen und im Raum Pinneberg verklebt worden sind.
Damit ist erstmals eine so genannte „Freie Kameradschaft“ der Neonaziszene verboten worden, und zwar nach dem Vereinsrecht. „Wir haben damit bundesweit Neuland betreten“, erklärte gestern Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD), „und haben uns damit sehr schwer getan.“ Denn im Gegensatz zu früheren Neonazigruppen verfügen die „Kameradschaften“ nicht über klassische Strukturen wie Satzungen oder Vorstand, so dass ein Verbot nach dem Vereinsgesetz nur schwer möglich ist. Wrocklage: „Der Hamburger Sturm hat aber Vereinscharakter.“
So sieht die Innenbehörde mittlerweile in der „Kameradschaft Bramfeld“, deren Kern aus etwa 20 Personen besteht und die den Hamburger Sturm herausgibt, nicht nur ein Redaktionskollektiv, sondern eine „Aktionseinheit“. Sie sei eine direkte Nachfolgeorganisation der 1995 verbotenen „Nationalen Liste“ um die Hamburger Neonazis Christan Worch und Thomas Wulff, die zurzeit das „Aktionsbüro Norddeutschland“ betreiben. So kämen die Köpfe des „Hamburger Sturms“ allesamt aus dem Dunstkreis der ehemaligen Nationalen Liste, sagte Wrocklage. Spätestens seit 1999 habe sich der „Hamburger Sturm“ bundesweit bei Aktionen und Aufmärschen als „virulante Aktionseinheit“ dargestellt. Zuletzt tauchten Plakate des „Hamburger Sturm“ im Zusammenhang mit der Anschlagserie auf das Elmshorner IG Metall-Büro auf.
Bei den Gewerkschaften – insbesondere bei der IG Metall – wurde das Verbot des „Hamburger Sturm“ als „längst überfälliger Schritt“ begrüßt. Wrocklage lobt sich auch: „Mit dem Verbot beweist Hamburg einmal mehr, offensiv die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu führen.“ Gleichwohl warnte der Innensenator beim Verbot rechter Organisationen vor Aktionismus. Nur durch die „gesellschaftliche Ächtung“ könne rechte Gewalt dauerhaft bekämpft werden. Gerade die Gewerkschaften und die zahlreichen Gegendemonstrationen bei Neonaziaufmärschen hätten dazu „ihren Betrag geleistet“. Bei der jüngsten Gegendemonstration in Altona hatte die Polizei AntifaschistInnen eingekesselt und in Gewahrsam genommen, darunter Bürgerschaftsabgeordnete und Gewerkschafter (siehe unten).
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