: Kleingefechte nach dem Riesendeal
HEW-Chef Manfred Timm kündigt nach der Bewag-Übernahme Konzernverlegung nach Berlin an. Der amerikanische Energieriese Southern Energy will die Pläne – wie auch der Berliner Senat – notfalls gerichtlich verhindern
von NICK REIMER
Eine Übernahme von Bewag-Anteilen durch die HEW wird es nicht geben. Das zumindest erklärte gestern der in Atlanta beheimatete Stromkonzern Southern Energy. Die Amerikaner, die sich in der Spitzengruppe der weltgrößten Energieriesen etabliert haben, nehmen ihre Gewissheit aus 26 Anteilsprozent der Bewag. „Wir werden unsere Rechte mit allen Mitteln verteidigen“, erklärte Southern-Deutschland-Chef Jason Harald gegenüber der Welt.
Die Amerikaner haben einen zweistelligen Milliardenbetrag reserviert, um einen mächtigen Energieriesen zwischen Italien und Norwegen zu zimmern. Die Bewag-Beteiligung ist dabei von strategischer Bedeutung, gilt sie doch als Schlüssel zur Übernahme des ostdeutschen Stromerzeugers Veag. Dieser verfügt über ein Versorgungsgebiet, das die Amerikaner als Bindeglied zwischen Nord- und Südeuropa eingeplant haben. Noch vor Wochenfrist galt das Bieterkonsortium aus Bewag und Southern Energy als aussichtsreicher Übernahmekandidat.
Mit ihrem Coup haben die Hamburgischen Electrictäts-Werke die amerikanischen Pläne vereitelt. „Damit würde es eine rein deutsche Lösung geben“, erklärte HEW-Vorstandschef Manfred Timm. Was so allerdings nicht stimmt. Mit der geplanten Übernahme von 25,1 Prozent der HEW-Anteile, die der Hamburger Senat derzeit noch hält, würde die in Stockholm ansässige Vattenfall die Aktienmehrheit der HEW übernehmen. Eine schwedische Konkurrenz ist den anderen deutschen Energieriesen aber allemal lieber als die für ihre aggressive Expansionspolitik gefürchtete Southern Energy.
Im Ringen um Übernahme und Marktanteile beriefen sich die Amerikaner gestern wie am Donnerstag der Berliner Senat auf eine Vertragsklausel, die besagt, dass die jetzigen Eigentümer ihre Anteile mindestens 20 Jahre halten müssen. Dagegen, so die Southern-Energy-Argumentation, verstoße aber der aus Veba und Viag zusammengeschlossene E.ON-Konzern mit seinen Verkaufsabsichten. Die europäische Kartellrechtsbehörde hatte die Fusion nur unter der Bedingung genehmigt, dass sich Veba und Viag von ihren Beteiligungen bei Bewag und Veag trennen. Darin witterten die Amerikaner ihre Chance.
Auch der Berliner Senat hatte sich auf die 20-Jahres-Klausel berufen. „Ein vorfristiger Verkauf bedarf unserer Zustimmung“, hatte Finanzsenator Peter Kurth am Donnerstag erklärt. Die Berliner fürchten neben einem drastischen Stellenabbau, vom Stromproduzenten zum -verkäufer degradiert zu werden.
HEW-Chef Timm war gestern sichtlich bemüht, die Berliner zu besänftigen. Stellenabbau werde es vorerst nicht geben, der von ihm angestrebte Großkonzern werde als Holding seinen Sitz in Berlin nehmen, erklärte er. Was wirtschaftlich logisch erscheint: Bewag und Veag sitzen in Berlin.
Hamburg allerdings stellt sich gegen diesem Plan. Dirk Reimers, Staatsrat der Finanzbehörde, erklärte Timms Aussage als „laute Überlegung“. Reimers: „Es gibt eine Vereinbarung zwischen Hamburg und Vattenfall, nach der die Hansestadt Sitz des Unternehmens bleibt.“ Der Verkauf der Hamburger HEW-Anteile an Vattenfall war eigentlich schon anvisiert. Nach Timms Umzugsankündigung will Hamburg Reimers zufolge „sorgfältig überlegen, welche Bedeutung die Anteile für Hamburg haben“.
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