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„Die Justizministerin hat sich totgelacht“

Zur Freude von Herta Däubler-Gmelin entsteht eine Initiative nach der anderen, um Rechtsextremismus im Internet intensiver zu bekämpfen. Das Engagement ist da, doch die Möglichkeiten sind begrenzt. Und es fehlt an Koordination

BERLIN taz ■ Pressesprecher Klaus Herzig ringt sich eine Erkärung ab. Diese: „Bei durchschnittlich vier neuen Registrierungen in der Minute ist eine Überprüfung jedes Domainnamens einfach nicht möglich.“ Sein Arbeitgeber, das Deutsche Network Information Center (Denic) ist die zentrale Registrierungsstelle für Domainnamen im Internet und verteilt das Kürzel „.de“.

Am 3. August war die Domain www.heil-hitler.de registriert worden und hat seitdem für reichlich Aufregung gesorgt. Mitlerweile ist die Domain gelöscht und Denic selbst als Inhaber der Seite eingetragen.

Seit Montag entstehen diverse Initativen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, rechtsradikalen Domains den Garaus zu machen. Es fehlt allerdings an Koordination. Keiner der Beteiligten scheint genau zu wissen, welcher Initative er sich anschließen soll. Das Denic hält an der Idee fest, Domainnamen wie „heil-hitler.de“ zu besetzen und auf den entsprechenden Seiten ein aufklärerisches Angebot gegen Rechtsextremismus zu gestalten. Herzig: „Wir sind im Kontakt mit dem Justizmisterium und haben für die kommende Woche ein Treffen geplant, um unser weiteres Vorgehen zu besprechen.“ Das Ministerium wiederum sieht sich als „Management, das die verschiedenen Teilnehmer an der Initative an einen Tisch bringen will“, wie Pressesprecher Christian Arns sagt.

Am Donnerstag hat nun auch die Strato AG, Europas größter Domain-Hoster, eine „Initative gegen Mißbrauch im Internet“ ins Leben gerufen, an der sich mittlerweile auch Pro 7 und n-tv beteiligen. „Ich denke schon, dass wir mit der Initative die Ersten waren. Mit Unterstützung des Zentralrates der Juden in Deutschland wollen wir braune Umtriebe im Netz verhindern“, sagt Strato-Sprecher Sören Hinze. Hier denkt man ebenfalls darüber nach, auf Seiten mit einschlägigen Domainnamen aufklärerische Programme zu erstellen.

Die Idee dazu ist allerdings nicht neu. Schon vor über einem Jahr hat sich das Braunschweiger Unternehmen Gerebydesign den Domainnamen „nsdap.de“ gesichert. Jetzt heißt es unter der Adresse: „Achtung, Sie verlassen den Bereich des Internets. Hier ist kein Weiterklicken mehr möglich.“ – „Die Justizministerin hat sich totgelacht, als sie die Seite gesehen hat“, sagt Arns. Vor Begeisterung, versteht sich. „Das ist genau die Art von Engagement, die wir brauchen. Wir müssen zeigen, dass sich die Gesellschaft gegen diejenigen stellt, die Hass säen wollen.“

Klingt toll, aber so einfach ist das trotzdem nicht. Das Hauptproblem der Inititativen ist: Was soll mit Domainnamen passieren, die bereits vergeben sind?

So sind beispielsweise die Domains „heinrich-himmler.de“ und „rudolf-hess.de“ im Besitz von Reinhard Wnendt. Die Seiten sind bisher ohne Inhalt. Es käme aber für manche überraschend, wenn unter „himmler.de“ wissenschaftliche Abhandlungen zum Thema veröffentlicht werden sollten. Wnendt ist als ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der „Republikaner“ in NRW auch dem Verfassungsschutz bekannt. PHILIPP DUDEK

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