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Länder befürchten Verluste in Millionenhöhe

Nach der Versteigerung wird es Sieger und Verlierer geben – auch auf staatlicher Seite herrscht nicht nur Freude über die Mehreinnahmen

BERLIN taz ■ In Milliarden-Mark-Schritten bieten sich die Telekomkonzerne hoch beim großen Kampf um die Mobilfunklizenzen der Bundesregierung. Doch wer verdient eigentlich wie viel, wenn am Schluss zum Beispiel 80 Milliarden Mark an die Bundeskasse überwiesen werden? Das Bundesfinanzministerium rechnet jährlich mit 500 Millionen Mark weniger Zins pro zehn Milliarden Mark Lizenzeinnahmen – denn die Schulden werden ja sofort reduziert, sodass dann künftig weniger Zins und Tilgung anfallen. Prima.

Ein bisschen bedenklicher geben sich die Finanzministerien der Länder. Sie nehmen nicht nur keinen Pfennig ein, sie verlieren auch noch – weil die Firmen die Milliardenausgaben für die Frequenzen in den kommenden Jahren von der Steuer absetzen können. Hier gibt es jedoch noch große Unsicherheiten: Die Steuerspezialisten im Bundesministerium sehen die Ausgaben für die UMTS-Lizenzen als „immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens“, sagte gestern ein Sprecher. Das bedeutet, die 80 Milliarden Mark müssen linear abgeschrieben werden über die gesamte Nutzungsdauer. Doch wie lange ist die Nutzungsdauer einer Mobilfunklizenz? Niemand kann das heute sagen. Das Bundesministerium rechnet derzeit mit 20 Jahren. Angesichts der zu erwartenden Gewinne durch den UMTS-Betrieb würden praktisch keine Steuerausfälle entstehen, so die Argumentation des Bundes.

Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalens rechnet hingegen mit einer schnellen Abschreibung der Milliarden als Betriebsvermögen und kommt bei Lizenzkosten von 100 Milliarden Mark zu jährlichen Einbußen für den Landeshaushalt von 300 Millionen Mark. „Keine Summe, die NRW mal so eben aufbringen könnte“, sagte gestern ein Ministeriumssprecher in Düsseldorf.

Als Minus beim Bund könnte sich der Druck auf die Aktie der Telekom auswirken: Wenn die UMTS-Lizenzen allzu teuer werden, sinken potenziell die Profite aus dem Mobilfunk, der Kurs fällt. Und zehn Prozent machen da schnell 20 Milliarden Mark aus, denn der Bund hält mehr als die Hälfte der T-Aktien. Allerdings stiegen diese gestern – die Analysten denken wohl, dass die riesige Telekom noch am ehesten die Milliardenausgaben tragen kann. Außerdem mehren sich die Anzeichen, dass die Riesenfusion mit dem US-Mobilkonzern VoiceStream vom dortigen Kartellamt genehmigt wird. Entlastung also auch hier für den T-Aktien-Kurs.

Gewinnen wird auf jeden Fall der Markt der festverzinslichen Anleihen. Denn die Sieger der Versteigerung brauchen Bargeld. Die Deutsche Telekom hat schon im Juni die stolze Summe von 13,5 Milliarden Mark per Anleihe eingeworben, die anderen Konzerne werden folgen. Laut Klaus Holschuh, Anleihenspezialist bei der DG-Bank, muss die Telekom Jahreszinsen zwischen 6,1 und 6,3 Prozent bezahlen. Macht über 800 Millionen Mark Zinsen pro Jahr ohne Tilgung. Das Geld geht an die Anleger – Versicherungen, Fonds, Privatleute.

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