Segeln im Internet

Wilfried Erdmann ist unterwegs zu seiner härtesten Tour: Immer gegen den Wind  ■ Von Wolfgang Heumer

Den Törn hat vor ihm noch kein Deutscher geschafft: Am Montagmittag ist der Extremsegler Wilfried Erdmann von Cuxhaven aus zu einer Reise nonstop um die Welt gestartet. Das Besondere der rund 300-tägigen Tour: Der 60-Jährige will einen Kurs von Ost nach West steuern, der ihn während der ganzen Zeit gegen den Wind durch die härtesten Reviere auf der Südhalbkugel führt.

Während des Härte-Törns ist Erdmann auf sich allein gestellt – seine einzige Verbindung zum Rest der Welt ist ein kleines Satellitentelefon, über das er einmal pro Woche mit seiner Frau Astrid sprechen kann.

Immerhin: Drei Mal hat der Berufssegler und Buchautor den Globus schon auf eigenem Kiel umrundet. Als er 1966 das erste Mal von Alicante in Spanien mit einem sieben Meter langen Sperrholzboot startete, „hatte ich gerade 40 Seemeilen Segelerfahrung“, erinnert sich Erdmann. Inzwischen liegen rund 180 000 Seemeilen hinter ihm. Doch die Faszination des Segelns hat ihn nicht losgelassen. „Das allergrößte für mich ist immer noch einfaches Segeln auf langen Stre-cken“, sagt Erdmann schlicht und leise über das Warum für das neue Projekt.

Die Törns der jüngeren Zeit hatten ihn durch Nord- und Ostsee geführt; doch das Touren mit ständiger Landnähe ist offenbar nichts für jemanden, der das Meer als größte Faszination betrachtet. Doch muss es unbedingt der Kampf gegen Wind und Welle sein und das in Revieren, die als die härtesten der Welt gelten? „Die andere Richtung kenne ich ja schon“, meint Erdmann. Und die Art und Weise, wie er antwortet, zeigt: Hier startet kein Hau-Drauf, sondern jemand, der genau weiß, was er tut. Davon zeugen auch die minuziösen Vorbereitungen für die Reise, die mindes-tens 300 Tage dauern wird.

Das Schiff, die 10,60 Meter lange Yacht „Kathena Nui“, ist bestens präpariert. Erdmann hat mit ihr bereits einmal die Welt umrundet, dann stand sie zwölf Jahre an Land. „Eine Tupperdose“ nennt der 60- Jährige das Aluminium-Boot, weil es extrem stabil und wasserdicht ist.

Erdmann hat eine Tonne Lebensmittel, Ersatzteile und Ausrüstung an Bord. Platz zum Leben bleibt da kaum noch: „Drei Quadratmeter“, sagt der Segler. Monatelang hat Erdmann sich vorbereitet, nur die engsten Freunde wussten etwas über das Projekt.

Vor den Schwierigkeiten, die ihn unterwegs etwa in den Stürmen am Kap Hoorn erwarten, schreckt er scheinbar nicht zurück: „Ich will es noch einmal schaffen.“ Sogar auf das Alleinsein für fast ein Jahr freut er sich: „Da kann man sich richtig konzentrieren.“ Und schreiben: Am Ende des Törns wird vermutlich wieder eines jener Segelbücher herauskommen, mit denen Erdmann auch im tiefen Binnenland als Autor bekannt geworden ist.

Erdmann segelt aber nicht nur einmal um die Welt, sondern auch im world wide web: Auf seiner eigenen Homepage (www.wilfried-erdmann.de) wird der Segler den Törn fortlaufend mit Hilfe seiner Frau dokumentieren. Die notwendigen Informationen will Erdmann einmal pro Woche per Satelliten-Telefon durchgeben. Denn einen Hafen wird er unterwegs nach Möglichkeit nicht anlaufen: „Bei den zu erwartenden Strapazen könnte es dann sein, dass ich doch nicht weiter fahre.“