: Verhandlungen auf Eis
Der Senat will höhere Hallenmieten durchsetzen und schmeißt die Capitals vorläufig vom Eis in der Jafféstraße. Der Eishockeyclub spricht von Erpressung. Den Eisbären droht ein ähnliches Schicksal
von BERT SCHULZ
Auge in Auge stehen sie sich gegenüber, wie in einem spannenden Eishockeyduell: Der Senat und die Berlin Capitals. Mit eindeutigen Heimvorteil für die Politik. Nachdem das erste Saisontraining der Profimannschaft am Montagnachmittag unter Einsatz der Polizei auf Veranlassung des Senats unterbunden wurde, fiel auch das zweite Training gestern Morgen aus: Die an harte Zweikämpfe gewohnten Cracks standen vor verschlossenen Türen der Eissporthalle an der Jafféstraße. Sie mussten sich mit Trockenübungen begnügen.
Grund für die Auseinandersetzung mit allen Bandagen ist eine veränderte Einschätzung der beiden Berliner Eishockeyvereine durch den Senat. Ende Juli hatte die Landesregierung bemerkt, dass die beiden Clubs seit Jahren keine Vereine an sich mehr sind, sondern Wirtschaftsunternehmen. Damit gelten sie nicht mehr als gemeinnützig und müssen höhere Gebühren für Sportstätten zahlen.
Nach der Sportanlagen-Nutzungsvorschrift könnte der Senat pro Heimspiel zehn Prozent der Zuschauereinnahmen verlangen. Wie Thomas John, Sprecher von Sportsenator Klaus Böger (SPD), mitteilte, habe man den Capitals und auch deren Rivalen Eisbären einen Staffelvertrag angeboten: Im ersten Jahr verlange man sieben, im zweiten Jahr achteinhalb und ab dem dritten Jahr volle zehn Prozent. Zusätzlich sollen die Clubs pro Training 340 Mark und die Capitals 480.000 Mark Schulden und eine Kaution bezahlen. Die Eisbären haben eine Kaution in Höhe von 400.000 Mark bereits entrichtet. Bisher betrugen die Hallenmieten ebenfalls sieben Prozent – allerdings ab dem 3001. Zuschauer. Im Schnitt kommen 4.100 Besucher zu Spielen der Capitals.
Als „Posse“ bezeichnete Capitals-Sprecher Hans Peter Harbig dieses Verhalten des Senats. „Der Verein hat sich überhaupt nicht bewegt“, entgegnet John.
Daran wird sich so schnell wohl nichts ändern. Gestern übermittelte Staatssekretär Frank Ebel (SPD) den Capitals den neuen Vertragsentwurf für die Halle an der Jafféstraße.
„Wir werden diesen Vertrag so nicht unterschreiben“, erklärte Hans Peter Harbig und sprach von Erpressung. Die „Caps“ werden sich jetzt etwas einfallen lassen müssen: Am 8. September beginnt die neue Saison.
Sowohl Günter Kolodziej, Sprecher der PDS-Fraktion, als auch Karlheinz Nolte von der SPD unterstützten das Vorgehen des Senats. Die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Jeannette Martins, sprach hingegen von „Wildwestmethoden“ und einem Streit, der nicht auf Kosten der Sportler ausgetragen werden dürfe.
Auch den Eisbären könnte Ende des Monats ein ähnlich „capitales“ Schicksal blühen. Ihr bisheriger Mietvertrag wurde annulliert. Auch hier haben Mitarbeiter der Senatsverwaltung bereits einmal versucht, das Training zu verhindern, weil angeblich die Kaution nicht überwiesen wurde. Laut Eisbären-Sprecher Moritz Hillebrand werden in seiner Sportart keine Gewinne erwirtschaftet. Durch die Forderungen des Senats sei „die Situation derzeit sehr zugespitzt“.
Im Gegensatz zu den Eishockeyclubs gilt für den Senat ein anderer profitabler Profiverein noch als förderwürdig: Fußballbundesligist Hertha BSC. Hier liege eine deutliche finanzielle Ungleichbehandlung vor, monierte die sportpolitische Sprecherin der SPD, Karin Seidel-Kalmutzki.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen